Abends denk' ich anders
Tagsüber kommen und gehen die Gedanken wie sie wollen, es gibt nur sehr selten Gelegenheiten, in denen ich z. B. die Themen einschränke. Aber am Abend … Wenn die Lider schwerer werden … Wenn die Last und die Hektik (ja, viele Tage sind von ihr bestimmt, obwohl ich sie zu meiden versuche) ganz langsam an mir hinabgleiten, abfallen … Dann ist das irgendwie anders. Dann möchte ich schon gern wissen, was in meinem Kopf passiert, wohin sich das alles entwickelt – und zwar bevor es zu all dem kommt, bevor das alles in meiner Phantsie Purzelbäume schlägt.
Abends bevorzuge ich eine positiv melancholische Geisteshaltung.
Ich ziehe mich zurück in das Gefühl der Geborgenheit in Situationen, die mir guttaten und guttun. Das warme Eingelulltsein, das Anschmiegen an Irgendetwas, das sich gut anfühlt (anschmiegen auch im übertragenen Sinn). Und ich wähle diese Stimmung bewußt, verabschiede mich dafür von allen Aufregungen des Tages, versuche, den Zorn, die Wut, die Enttäuschung zur Seite zu legen. Mir hilft dabei die Besinnung auf drei Dinge, mit denen ich zufrieden war über den Tag (egal, wie klein das Ereignis, das Gefühl, der Erfolg, die Akzeptanz gewesen sein sollten). Am Abend will ich versöhnt sein mit dem Sein, mit meinem (Er-)Leben, mit meinem Selbstwertgefühl, mit meinem Umgang mit mir selbst. Das übe ich seit Jahren, das übe ich täglich, das gehört zu dem dazu, was ich selbst sein möchte und bin.
Am Abend, spätestens in der Dämmerung und/oder beim Entzünden der ersten Kerze, ändert sich die Richtung, in der meine Gedanken kreisen, weil ich das so will. Es ändern sich das Ziel, die Grenzen, die Intention, mit denen ich mein Denken beeinflusse. Wissentlich. Willentlich. Förderlich für mein Leben, mein Wohlbefinden, mein Alles.
Ich sag's ja: Abends denk' ich anders …