Wer so etwas sagt, hat den Fussball nie geliebt

Die Frauen-EM in der Schweiz steht bevor. Alle schreiben momentan über Fussball von Frauen. Historische Rückblicke, Kommentare und so weiter kann man überall lesen. Man kann sich dem kaum entziehen.

Und immer wenn es um Frauenfussball geht, sind auch die zynischen Kommentare nicht weit, meistens wohl von Männern. Zuletzt gab es wieder viele Witze, da die Schweizer Frauen bei einem “geheimen Testspiel” gegen die U15 des FC Luzern (Jungs!) hochaus untergegangen sind.

Offensichtlich sind die Verantwortlichen beim SFV nicht die Allerschlausten. 1. Was wurde erwartet bei einem solchen Spiel? Es war zu erwarten, dass die Frauen untergehen werden. Warum überhaupt ansetzen? 2. Warum das ganze noch heimlich machen? Das hat der Aussenwahrnehmung noch mehr geschadet.

Aber stellen wir diese dämlichen Entscheide einmal zur Seite. Schauen wir uns einmal ein paar Kommentare an, exemplarisch beim SRF auf YouTube zum Test gegen Tschechien und Norwegen

Handelt es sich hier wirklich um zwei Profiteams? Sorry, selbst Junioren-Amateure zeigen mehr Technik und Spielintelligenz als das, was da gerade über den Platz stolperten.

Nicht mal gratis würde ich das schauen gehen

Das tuet de Auge weh..

Und das sind erst die harmlosen Kommentare.

Ich gebe zu, dass ich Mühe habe mir Spielzusammenfassungen der Schweizer Frauennati anzuschauen, aber da geht es mir ähnlich bei Champions League Zusammenfassungen.

Seien wir ehrlich: Frauenfussball liegt körperlich und technisch weit hinter den Männern zurück. Aber wer darauf herumhackt, hat es meiner Meinung nach trotzdem nicht verstanden. Fussball wird in ganz unterschiedlichen Weisen gespielt, von den Junioren, über die tiefsten Ligen, Senioren, Profis, Amateure, Männer und eben Frauen.

Ich habe es nie verstanden, wie alle immer und überall irgendwie Fussball auf dem Niveau von Profimännern erwarten. Man kann sich doch durchaus auch ein grottiges Juniorenspiel geben. Ein Frauenspiel ist da gegenüber gewissen Juniorenspielen eine echte Augenweide und oft deutlich fairer noch dazu.

Ich bin etwas skeptisch wenn Frauenfussballerinnen über gleiche Behandlung gegenüber den Männern sprechen. Ja, es stimmt, dass viele Fussballvereine noch in einem Zeitalter feststecken, das praktisch nur auf Männer und Jungs ausgerichtet ist. Garderoben, WCs und Plätze für Frauenteams oder auch nur einzelne Mädchen im Juniorenbereich sind teilweise katastrophal ausgestattet. Wie viele Male musste ich als Schiedsrichter meine Garderobe verlassen, nur damit das einzige Mädchen eines Juniorenteams sich in der Schirigarderobe noch schnell duschen konnte? In Basel haben sich mehrere Frauenteams zum FFV Basel zusammengeschlossen, weil die Männerteams immer Vorzug hatten bei den Trainingsplätzen. Das muss sich schleunigst ändern.

Dass es auch bei den Frauen ein Profitum mit einem gewissen Mindeststandard an Annehmlichkeiten braucht, ist ebenfalls klar. Aber auch hier müssen wir ehrlich sein. Warum gibt es diesen riesigen gender pay gap im Fussball? Männerfussball lässt sich schlichtweg besser vermarkten. Und wenn ich hier von Männerfussball spreche, meine ich vor allem der Profifussball in den höchsten Ligen und nicht mal unbedingt der Schweizer Liga.

Ich gehöre definitiv nicht zu denen, die sich nur noch Amateurfussball wünschen, sicher nicht für die besten Frauen. Aber hier ein breites Profitum zu finanzieren, ohne dass da noch anteilsmässig etwas angemessenes zurückkommt, kann nicht die Lösung sein.

Wer nur Champions League schauen möchte, weil er sonst nur enttäuscht wird, über angeblich mangelhaftes Niveau, kann das gerne tun. Nur haben diese Menschen den Fussball in seiner Vielfalt offensichtlich nie geliebt.