Migration ist nicht das Problem, sondern eine Chance. Das Problem heißt Rassismus.
Die beiden tragischen Anschläge in Magdeburg und Aschaffenburg werden derzeit auf perfide Weise von den rechtsaußen Parteien emotionalisiert und instrumentalisiert, obwohl die Eltern der Opfer darum gebeten haben, dies nicht zu tun. Dabei werden die Rechten mit Nachdruck von diversen Medien unterstützt, die bereits eine lange Tradition der Brandstiftung pflegen. Mittlerweile gesellt sich auch der ÖRR immer mehr dazu. Ob aus vorauseilendem Gehorsam, oder weil die rechtsextremen Parolen in den Redaktionen auch immer mehr verfangen, lässt sich nur noch schwer unterscheiden.
Das Narrativ, das Migration gerade unser allergrößtes Problem sei und der Untergang des Abendlandes drohe, plättet gerade sämtliche anderen Themen und Probleme in der Berichterstattung. Wahlkampf sei Dank. Wohnungsnot, Klimakrise, Inflation und Armut, Ukraine-Krieg usw., spielt gerade alles keine Rolle. Die Angst frisst den Verstand auf.
Es sollte jedem klar sein, dass es den Rechten nicht vorrangig um die Begrenzung der Migration geht, sondern sie wissen, dass sie bei der Wahl der “illegalen Migranten” als Feindbild sehr wahrscheinlich eine große Zustimmung in der Bevölkerung bekommen. Sicherheit ist ein menschliches Grundbedürfnis, und die Angst diese zu verlieren ist so tief verankert, dass sie sich extrem leicht von Populisten nutzen lässt, um viele Menschen zu manipulieren. Der Wunsch nach einfachen Lösungen in einer immer komplexer werdenden Welt, bietet den Haudrauf-Maulhelden in der Politik zusätzlich eine Klaviatur, die sie gerne bespielen.
Wenn ihnen dieser Schritt der Migrationsbegrenzung gelingt, inklusive der weiteren Normalisierung rechtsextremer Positionen, können sie das als Sprungbrett nutzen,um ihre Macht weiter auszubauen. Und dann sind sehr bald die bereits hier legal lebenden Menschen mit Migrationshintergrund dran. Danach vielleicht Kranke, Behinderte, Homosexuelle, und irgendwann auch Journalisten, Lehrer, Wissenschaftler, Intellektuelle und andere Gruppen, die nicht in die völkisch-nationale Ideologie hineinpassen.
Die Idee, dass Freiheit immer die Freiheit der Andersdenkenden ist, ist mit faschistischer Ideologie nicht vereinbar.
In was für einer Gesellschaft wollen wir leben?
Einer Gesellschaft, die das Grundgesetz, die Menschenrechte und ein solidarisches Miteinander wertschätzt? Oder einer Gesellschaft, in der das Recht des Stärkeren gilt?
In einer Gesellschaft, die sich durch die Einflüsse anderer Kulturen bereichert und beschenken lässt und über den Tellerrand hinausschaut? Oder in einer Gesellschaft, die sich abschottet und alles Fremde als minderwertig ansieht?
Das Problem heißt Rassismus, und dieser zieht sich systematisch durch die Strukturen im Land. Alle Regierungen der letzten Jahrzehnte haben nicht die nötigen Schritte unternommen, um Migration und Integration menschenwürdig zu gestalten. Stattdessen wurde das Asylrecht immer weiter verschärft, aus Angst vor zunehmender Gewalt von rechts. Der latente Rassismus in unserer Gesellschaft hat dafür gesorgt, dass wir unzureichende Strukturen haben, die letztlich die Probleme verursachen, die wiederum Wasser auf die Mühlen der Menschenfeinde sind. 2015 wäre eine Chance gewesen, grundlegende und nachhaltigere Struktur-Änderungen zu schaffen. Frau Merkels “Wir schaffen das” war damals ein wichtiger Impuls, aber nicht nachhaltig. Die meiste Arbeit wurde vor Ort von Freiwilligen in den Kommunen aufgefangen.
Natürlich schafft Migration auch Probleme und sorgt für Konflikte, sei es bei der Wohnungssuche oder anderweitig. Und das sind Probleme, die es zu lösen gilt. Aber Migration an sich ist nicht das Problem.
Dieses Narrativ gilt es zu durchbrechen, wenn wir nicht sehr bald in einem Land aufwachen wollen, in dem auch die Nicht-Migranten nicht mehr in Würde und Freiheit leben können.
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