Die Demokratie-Krise wie eine Krise behandeln
Ich mache mir wirklich Sorgen und kann seit Wochen nicht mehr gut schlafen. Von Seiten der Politikwissenschaft kommen klare Hinweise, dass unsere Demokratie akut gefährdet ist.Thüringens Verfassungsschutz-Präsident Stefan Kramer sagt, die anderen Parteien haben den Warnschuss noch nicht gehört. Ich sehe aber keine Hinweise, dass die jüngsten Wahlerfolge der AfD wirklich ernst genommen werden.
Wir haben es nicht nur mit Rechtsextremisten in Parlamenten zu tun, sondern sie drängen nun auch in die Ämter. Unsere liberale Demokratie und die offene Gesellschaft steht auf dem Spiel. Die jüngsten Erfolge sind nichts weniger als ein Angriff, und die Demokratiefeinde haben nun die ersten Schlachten gewonnen. Wir haben nun den demokratischen Verteidigungsfall. Und trotzdem vernimmt man erstaunlich wenig, was nun zu tun sei. Um es mit Greta Thunberg zu sagen: “You must threat a crisis like a crisis” und “I want you to panic”. Wie bei der Klimakrise müssen m. E. nun drastische Maßnahmen her, um unsere Demokratie noch zu retten.
Einzelne Demos, Lichterketten und Konzerte gegen rechts alleine helfen nicht mehr. Auch den AfD-Wählern “zuhören”, “Sorgen ernst nehmen”, AfD-Vertreter in Talkshows einladen um sie zu “entzaubern” – all das wurde 10 Jahre lang versucht. Mit dem Ergebnis, dass die AfD nun zwischen 20 und 30 Prozent steht. M. E. muss nun strategisch vorgegangen werden:
- Die Politik muss die Grundlagen dafür schaffen und die wehrhafte Demokratie stärken. Diese war eine Lehre aus der Weimarer Zeit und soll verhindern, dass Demokratiefeinde die Demokratie mit Hilfe der Demokratie abschaffen. Es muss dafür gesorgt werden, dass AfD-Mitglieder und Sympathisanten aus den öffentlichen Ämtern verschwinden. Rassistische Äußerungen am öffentlichen Arbeitsplatz müssen empfindliche Konsequenzen haben. Es müssen Awareness-Beauftragte eingerichtet werden. Es muss klar kommuniziert werden, dass rassistische, homophobe oder sonstiges menschenfeindliche Äußerungen nicht geduldet werden.
- Private Unternehmen, die keine entsprechenden Regelungen einführen, werden von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen.
- Vereine, die steuerlich begünstigt werden, müssen in ihrer Satzung verankern, dass sie Rassismus und anderes menschenfeindliches Verhalten nicht dulden. Fehlt ein solcher Absatz, oder gibt es Hinweise, dass dies nicht ernst genommen wird, entfallen steuerliche Vorteile.
- Um diese Regelungen zu überprüfen müssen bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes entsprechende Stellen geschaffen werden. Sie muss ausgeweitet werden und mit allen Ministerien zusammenarbeiten
- In der Zivilgesellschaft muss ein Umdenken stattfinden. Vereine müssen, wie schon oben beschrieben, klar sagen, dass sie keine Rassisten als Mitglieder wollen. An Gaststätten gehört ein Hinweisschild wie “Nazis werden hier nicht bedient”. Führende Unternehmen und Betriebe müssen klar machen, dass sie Nazis weder als Mitarbeiter noch als Kunden wollen. Hinweise darauf, dass man “unpolitisch” sei sind unzulässig. Es geht hier nicht um Politik, sondern um das Überleben der Demokratie und der Gesellschaft. Dementsprechend halte ich auch Boykottaufrufe für zulässig, wenn sich Unternehmen nicht von Rassismus und Menschenfeindlichkeit distanzieren.
All diese Maßnahmen klingen hart. Aber wie gesagt, es geht um das Überleben – für manche sogar buchstäblich.