Wie holen wir uns die Zukunft zurück?
Der seltsame Retro-Fetischismus des Trumpismus/Elonismus – und was wir dem entgegensetzen können
Vom allgemeinen Zukunftsoptimismus der 1950er und 1960er Jahren sind wir in der westlichen Welt heute weit entfernt. Mein Eindruck ist, dass es viele Menschen in den westlichen Ländern gibt, die das Gefühl haben, dass wir in einem Jahrzehnt des Übergangs leben: Das Alte, die etablierte Wohlstandsordnung nach dem Zweiten Weltkrieg, ist vorüber – aber das Neue ist noch nicht da.
Auch die politische Weltlage passt in dieses Bild: Der aktuelle US-Präsident Donald Trump ist 1946 geboren und damit im selben Jahr wie Bill Clinton, der 1993 zum Präsidenten gewählt wurde.
Mit ihm ist ein eigentümliches Programm gewählt worden: Unterstützt von Milliardären wie Elon Musk und Peter Thiel, der 2009 ausführte, dass er nicht mehr daran glaube, dass Freiheit und Demokratie kompatibel seien. Damals forderte Thiel, Libertäre wie er sollten sich von Staaten abwenden und ihre eigenen Strukturen auf den Weltmeere, im Weltraum oder Cyberspace aufbauen. Inzwischen scheint er einen anderen Plan zu verfolgen: Statt neue libertäre Anti-Staaten zu gründen, in denen Superreiche ungestört von Steuern und Solidarität leben können, sollen die USA nach seinen Vorstellungen umgeformt werden.
Stilistisch und Ästhetisch fällt auf, dass das Trump-Lager nicht einmal den Versuch unternommen hat, eine Zukunftsvision zu kommunizieren. „Make America Great Again” bezieht sich auf die Vergangenheit – und daraus wurde auch ästhetisch kein Hehl gemacht. Der Wählerschaft wird Trump als ein zurück in die USA der 1950er bis 1980er verkauft, wie nostalgische Wahlkampfvideos des Trump-Lagers zeigen.
Trump-Wahlkampfvideo „National Revival”, unter anderem von Elon Musk verbreitet
Was also hatten die 1950er bis 1980er, das sie als Sehnsuchtsort so attraktiv macht? Vielleicht auch eine Vision einer besseren Zukunft, eines besseren Lebens für alle. Nicht nur die politische Rechte scheitert daran, eine Vision für die Zukunft anzubieten, weshalb sie uns eine Reise in die Vergangenheit als nationales Wiederaufblühen verkauft. Auch Liberale und Linke haben es seit Jahrzehnten nicht geschafft, eine Vision zu zeichnen, hinter der sich Menschen versammeln, die zusammenschweißt und Menschen das Gefühl gibt, mit ihrem Einsatz zu einem besseren Morgen beizutragen.
Seit Helmut Schmidts berühmten Satz „Wer Visionen hat soll zum Arzt gehen“ hat ihn niemand so sehr mit Leben gefüllt wie Ex-Kanzlerin Angela Merkel. Sie hat nicht geführt, sondern verwaltet. Und Olaf Scholz hat es geschafft, dieses Erbe noch einmal zu übertrumpfen. Merkel und Scholz waren Anti-Kennedys, dessen wohl berühmteste Sätze neben „Ich bin ein Berliner“ die folgenden waren:
„We choose to go to the Moon in this decade and do the other things, not because they are easy, but because they are hard; because that goal will serve to organize and measure the best of our energies and skills, because that challenge is one that we are willing to accept, one we are unwilling to postpone, and one we intend to win, and the others, too.“ John F. Kennedy
Was also könnte ein Bild einer lebenswerten Zukunft und Vision sein? „Eine Zukunft, in der man nur etwas später stirbt und bis dahin mehr Fahrrad fährt, ist keine“ zitiert DIE ZEIT den deutsch-österreichischen Journalisten und Autor Wolf Lotter. Die Vision, die der Autor des Artikels, Ulrich Machold, uns anbietet, klingt sehr bescheiden. „Ein Land, das wieder funktioniert, von Zügen bis zu Bürgerämtern, und das zumindest in der Nähe des technisch neuesten Stands der Dinge. Ein Land, das keine Panikattacke bekommt, wenn der Verbrennungsmotor vom Fortschritt überholt wird, weil es auch andere Stärken hat.“
Vielleicht ist eine bescheidene Vision auch besser als gar keine.