Vor 100 Jahren: November 1925
Es gibt keinen Grund zum Klagen. Wie auch immer das Wetter heute ist, vor hundert Jahren war es nicht besser. Es war ein kühler und feuchter November im Jahr 1925.
Aber die Zeichen standen auf Besserung. Die Hyperinflation der Vorjahre war durch die Einführung einer Währungsreform besiegt. (Im Dezember 1923 kostete ein Liter Milch noch 360 Milliarden Mark.) Andererseits führten instabile politische Mehrheitsverhältnisse immer wieder zu Neuwahlen und neuen Regierungskonstellationen. Dennoch versuchte Deutschland auf internationalem Parkett in Person von Gustav Stresemann (ehemaliger Reichskanzler und damaliger Reichsminister des Auswärtigen) wieder Fuß zu fassen. Das Ergebnis waren die Locarno-Verträge, die im Oktober 1925 verhandelt und schließlich im Dezember unterschrieben wurden. „In diesem von Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Belgien, Italien, Polen und der Tschecheslowakei unterzeichneten Vertrag wurde die Unverletzlichkeit der deutschen Westgrenze, die Entmilitarisierung des Rheinlands und ein deutsch-polnischer Gewaltverzicht erklärt.” Dies war sicherlich ein Befreiungsschlag und führte zusammen mit anderen Ereignissen zu einer kurzen Blütezeit der Republik, bevor dunkle Kapitel anbrechen sollten.
Ob die Börner:innen dafür Sinn hatten, lässt sich nur spekulieren. Sie waren damit beschäftigt, neben ihrer Arbeit die bis dahin kahlen Gärten zu kultivieren. „Kein Baum und nichts war da. Doch dann fingen sie an zu buddeln, zu graben und alles herzurichten. Es war sehr mühselig, aber hat sich gelohnt. Die Gärten hatten auf einmal Gebüsche, Blumen und Bäume”, berichtet Gretel Behnke über ihre Eltern.
Es ging also voran in Deutschland, Hamburg und Langenhorn im Jahr 1925. Es sollten die Goldenen Zwanziger eingeläutet werden, die im Swing mündeten. Zu den Hamburger Swingboys gehörte unter anderem Uwe Storjohann. Er wurde am 22. November 1925 in Hamburg geboren. „Obwohl die Swing-Jugendlichen als Gruppe weder organisiert waren noch in politischer Opposition zum Nationalsozialismus standen, wurden sie von der HJ-Führung und der Gestapo als politisch gefährlich eingestuft und verfolgt.” 1944 wurde Uwe Storjohann noch zur Wehrmacht eingezogen. „Bei Kriegsende war er Zeuge der Hinrichtung von Deserteuren auf dem Schießplatz Höltigbaum.” In den letzten Kriegstagen desertierte er selbst und hielt sich bis zur Befreiung versteckt. Er schrieb über seine Erlebnisse das Buch „Hauptsache: Überleben. Eine Jugend im Krieg 1936-1945.” und berichtete als Zeitzeuge in Schulen und bei Gedenkveranstaltungen in Hamburg. Uwe Storjohann leitete unter anderem bis 1990 den NDR-Schulfunk. Er starb am 24. Januar 2021.
Quellen:
Horst Möller: Deutsche Geschichte – die letzten hundert Jahre
100 Jahre Fritz-Schumacher-Siedlung. Geschichte(n) einer Gemeinschaft
www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de/nachrichten/news/wir-trauern-um-uwe-storjohann/
de.wikipedia.org/wiki/Uwe_Storjohann
chroniknet.de/historisches-wetter/deutschland/15.11.1925