Kurz vor dem Siedepunkt: Von 3D-Druckern, einer geldlosen Gesellschaft und einem massenhaften Selbstwertgefühl 😁
Wenn die französische Klimaaktivistin Camille Étienne sagt “Es reicht, wir sind mächtig” (Libération vom 15. Mai 2023) und zu einem ökologischen Aufstand aufruft, so spricht sie damit genau das Element an, das in unserem derzeit eher von Verzweiflung geprägten Kampf der Wenigen stellvertretend für die Vielen fehlt.
Es ist wie wenn der Funke erst noch überspringen müsste, wie wenn das Wasser im Topf kurz vor dem Aufkochen ist, aber immer noch nicht ganz den Siedepunkt erreicht hat. Das ist schwer auszuhalten für alle, die sich nicht massenmedial berieseln lassen und den Blick klar auf die Zukunft gerichtet haben.
Im Grunde können wir uns alle kaum wirklich vorstellen, dass geschweige denn wie Shell, RWE und Konsorten real ihre perfide Übermacht verlieren und damit den Weg freimachen für den Aufbau neuer ökologischer Wirtschaftsstrukturen jenseits des Prinzips Ausbeutung.
Das Märchen von der sozialen Marktwirtschaft ist schon längst ausgeträumt. Unverbrämt soll die Mehrheit der Menschen immer mehr geben und gleichzeitig auf immer mehr verzichten.
Auf der anderen Seite dürfen dann Milliardäre à la Elon Musk ihre unaufgelösten Kindheitstraumata ungefiltert an ihren Untergebenen bzw. ihrer Umwelt allgemein auslassen ohne gesellschaftliche Ächtung zu erfahren. Die Anhäufung von Geld ist die Eintrittskarte für Herrschaftsallüren jeder Art.
Ausbeutung funktioniert nicht nur durch äußere Zwänge, sondern bedarf zur längerfristigen Aufrechterhaltung auch der Verinnerlichung durch eine Selbstwert(zer)störung. Wer ständig damit beschäftigt ist, seinen eigenen Wert immer aufs Neue unter Beweis zu stellen, wird nicht das System an sich in Frage stellen, sondern sich nur noch darauf konzentrieren, innerhalb des Systems mehr oder weniger planmäßig zu funktionieren.
Sozusagen perfekt für das eine Prozent der Weltbevölkerung, das auf diese Weise seinen monströsen Privilegienkult als Superreiche ausbaut. Finanziell gepuschte Politiker in der Spitzenpolitik agieren gewollt oder unbewusst als Marionetten, an denen sich die Bevölkerung dann abarbeiten darf ohne überhaupt auf die im Hintergrund verlaufenden Fäden zugreifen zu können.
Allerdings gibt es immer mehr Symptome eines Systemniedergangs: Dass mit Trump in den USA und Sarkozy in Frankreich jetzt selbst ehemalige Präsidenten langsam aber sicher aus ihren hintergründigen Sicherheitsnetzen herausfallen und im Justiz-Strudel immer noch mehr Korruptions-Fäden mit sich ziehen, führt zur unentwegten Aufdeckung immer weiterer Skandale im Thrillerformat. Hier geht es präzedenzlos ans Eingemachte!
Es fehlt also “nur” noch die vollständige Kraft von unten für eine echte Umwälzung. Vielleicht sollten wir an dieser historischen Stelle die Kraft der kollektiven Visualisation nutzen, um uns mehr darauf zu konzentrieren, was wir erreichen wollen und uns weniger darin zu verheddern, immer nur auf die neuesten Hiobsmeldungen zu reagieren. Im Kampf gegen das unsäglich Widersinnige ist es leicht, sich in der Position der Ohnmacht einzurichten und anzuprangern ohne darüber hinauszugehen.
Eigentlich sollte es eine Nachrichteninstanz zum Beispiel auf Mastodon geben, die sich gezielt darauf konzentriert, im (aus-)wegweisenden Sinne positive Nachrichten von Initiativen und Erfolgen zu sammeln und weiter zu verbreiten. Es gibt schon viele Menschen, die als Pioniere im Kleinen wie im Großen agieren. Ein koordinierter Nachrichtenschwung von gelungenen Projekten gibt Hoffnung, macht Mut und inspiriert, so dass daraus immer mehr Ideen und eine immer größere Verbreitung resultieren.
In seinem Artikel Eine Welt ohne Geld: Utopie oder Dystopie? im österreichischen “Standard” (27.09.2020) schreibt Jakob Pallinger vorsichtig über die Möglichkeiten und Hindernisse einer geldlosen Gesellschaft https://www.derstandard.de/story/2000120159892/eine-welt-ohne-geld-utopie-oder-dystopie
Die absurde Macht des Geldes aufzulösen, halte ich für das zentrale Moment, um die (selbst-)zerstörerische Ausrichtung unserer von Megakonzernen dominierten Weltwirtschaft und der daraus resultierenden Gesellschaftsmodelle mit ihrer Raff- und Machtgier zu beenden. Wenn dank der im Artikel angeführten Technologie des 3D-Drucks aus Konsumentinnen nun (kapitalistisch nicht vorgesehen) sich selbst versorgende Produzentinnen werden können, so ist dies nur ein Beispiel unter vielen, die einen konkreten Ausweg aus dem Geld-regiert-die-Welt-Inferno aufzeigen. Im Grunde brauchen wir auf kommunaler und regionaler Ebene Zusammenschlüsse von Menschen, die das lokale Know How bündeln und nutzen. Jenseits von Parteipolitik und auf der Basis unseres inneren Wissens, dass eine andere Welt möglich ist, einfach weil wir sie in 3D wollen. Historisch gesehen haben wir hier eine Chance🕊️, die wir die letzten Tausende von Jahren nicht hatten, denn der aktuelle Klimanotstand lässt als Alternative zum Untergang nur noch eine weitaus bessere Welt zu, die auf einem höheren menschlichen Bewusstseinsniveau beruht.
➡️Kleines PS vom 27. Mai: Habe auf Flipboard ein Magazin mit Artikeln erstellt, die positive Auswege im Großen wie im Kleinen skizzieren 😃: https://flipboard.com/@1heavenonearth/klimawandel-ma%C3%9Fnahmen-die-helfen-u559ttlfz?from=share&utm_source=flipboard&utm_medium=curator_share
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