Matthäus 25 – Das Gleichnis von den Talenten

Zwei Einschätzungen aus dem Sport fallen mir zum Wort Talent ein...

Der hat Talent — eine Bewunderung, die ein Sportler vielleicht am Anfang seines Weges mitbekommt

Das ewige Talent — eine eher abschätzige Einschätzung, die auch manche Enttäuschung ausdrückt. Da hat jemand etwas in sich verkümmern lassen, nicht in der erhofften Weise an sich gearbeitet.

Es kommt zumindest in der Welt des Sportes darauf an, aus den Möglichkeiten, die in mir, in jedem und jeder von uns liegen, etwas zu machen.

Das Wort Talent ist durch dieses Gleichnis Jesu in unsere Sprache hineingekommen. Ursprünglich meint ein Talent die größte Münzeinheit. Zur Zeit Jesu, so sagt ein Kommentar, entsprach dieser Geldbetrag dem Jahreslohn von 20 einfachen Arbeitern.

,,Mit dem Himmelreich ist es wie” beginnt das Evangelium heute. Dann erzählt Jesus von den 3 Dienern dieses Mannes. Um das Gleichnis zu entschlüsseln, lohnt sich ein Blick auf das, was Jesus sonst zum Himmelreich und zum Geld sagt. So können wir dieses Wort Gottes im Zusammenhang der Schrift besser verstehen. Die Talente, die den Dienern anvertraut werden, sind viel Geld. Heute schärft der Welttag der Armen unser Bewusstsein dafür.

Welche Bibelworte zum Geld sind in Ihnen lebendig?

Z.B. sagt Jesus in der Bergpredigt: Niemand kann 2 Herren dienen, Gott und dem Mammon. Wer die Bedeutung des Wortes Mammon nachschaut, findet Geld, Besitz oder sowie unredlichen Gewinn und den Reichtum als Götzen.

Auf dem Hintergrund dieser Ansage dann die Frage: wem gleicht der Mann, der die Talente an seine Diener gibt, damit diese gute Geschäfte machen?

Passt es, ihn als Hinweis auf Gott zu sehen?

Beide Diener können das ihnen anvertraute Geld verdoppeln. Ob ein solcher Gewinn redlich entstehen kann, bleibt offen. Dieser Gewinn der beiden Diener hat ihren Herrn froh gemacht.

Worüber vermuten wir, wird Gott sich freuen?

Das alte Testament, das Jesus als Heilige Schrift prägt, kennt ein Zinsverbot. Lange war es auch Christen nicht erlaubt, von anderen Christen Zinsen zu nehmen – eine historische Nische in der Gesellschaft für Nichtchristen, Geld mit Zins zu verleihen.

Für mich ein weiteres Indiz dafür, dass dieser Mann, der zumindest Zinsen erwartet, eher nicht so mit Gott zusammen gesehen werden sollte.

Wer sich im Alten Testament umschaut, merkt schnell, nicht das Geld ist ein Problem, im Grunde kommt Geld sogar recht gut weg. Silber und Gold, heute würden wir sagen, Geld, ist z.B. in einem Abschnitt aus dem Buch Deuteronomium, welchen wir oft zu Erntedank hören, Ausdruck für Gottes Segen.

Ein Problem, welches die Propheten schon früh im Auftrag Gottes kritisieren, ist die Anhäufung von Geld, also der Reichtum einiger und die dann entstehende Armut von Vielen.

Der Reichtum, den Menschen durch ihre Arbeit und Gottes Segen genießen dürfen, soll – wie wir in der 1. Lesung gehört haben – Bedürftigen und Armen zu Gute kommen. Dieser Fokus taucht auch in der Schilderung des jüngsten Gerichts auf, die bei Matthäus auf dieses Gleichnis folgt. Zuwendung zu den Bedürftigen wird belohnt. Wer solche kleinen Gesten der Güte in seinem Leben praktiziert hat, bekommt als Erbe das Himmelreich.

Das Gleichnis zum Himmelreich von den Talenten zeigt – gerade am Welttag der Armen – eine große Herausforderung unserer Gesellschaft. Wie können Menschen es schaffen, sich dem Sog des Geldes zu entziehen. Vermutlich hat diese Frage einige Bedeutung für das Überleben der Menschen hier auf der Erde. Solange Menschen probieren, auf Kosten der Schöpfung, auf Kosten anderer reich zu werden, bleiben Umweltprobleme und Kriege, werden Viele in Armut gedrängt.

Schauen wir auf das Gleichnis und den 3. Diener, der es schafft, aufzuhören bzw. nicht mitzuspielen. Er hat Angst. Und er merkt das. Angst kommt im Deutschen von Enge. Der 3. Diener spürt also Enge, als er sich der Zukunft zuwendet. Er hört auf so zu wirtschaften, wie bislang. Ganz korrekt, gibt er seinem Herrn dessen Eigentum nach dessen Rückkehr wieder. Interessanter Weise bestätigt dieser die Einschätzung seines Dieners, dass er erntet, wo er nicht gesät hat, und sammelt, wo er nicht ausgestreut hat.

Wie nennen Sie so einen, der in dieser Weise erntet und sammelt? Meist gilt so etwas ja als Diebstahl. Ein weiterer Grund, diese Rolle nicht mit Gott in Beziehung zu bringen.

Dem dritten Diener ist es gelungen aufzuhören. Aufhören ist ein interessantes Wort. Das steckt ,,Hören” drin. Wer aufhört, hört auf wen oder was? Wir kennen in der kirchlichen Sprache die Instanz des Gewissen. Das Gleichnis kann ermutigen, dem eignen Gewissen zu folgen, aus einem System auszusteigen, welches im Geldvermehren seinen höchsten Wert sieht.

Und wie lernen wir dieses aufhören, dieses hören auf unser Gewissen? Der Ruf vor dem Evangelium möchte bei den Fragen, die beim Hören aufsteigen, helfen. So spricht der Herr, hieß es da: Bleibt in mir und ich bleibe in euch. Wer in mir bleibt, der bringt reiche Frucht. Wer in Jesus bleibt, der erlebt, wie Jesus in ihm oder ihr bleibt. So eine Person findet einen neuen Zugang zur Wahrheit und in der Beziehung die Kraft, aus ungerechten Strukturen auszusteigen, nicht mehr mitzuspielen.

Das Gleichnis endet mit einem Ausspruch, den viele Arme der Welt aus ihrer Lebenserfahrung bestätigen werden: Denn wer hat, dem wird gegeben werden und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat. Im Grunde ist so etwas ungerecht, und darauf mehr zu achten, damit konsequenter aufzuhören, ist ein Anliegen dieses Welttags der Armen. Dieser Tag soll uns stärken, Solidarität und Verbundenheit mit allen, gerade auch den vielen Ausgegrenzten zu leben.

Werft den nichtsnutzigen Diener hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein. So endet es heute. D.h. der Diener kommt, quasi automatisch in Kontakt mit Ausgegrenzten, da er ausgegrenzt wird als jemand der aufhört, mitzuspielen. Der sich entschieden hat, auf etwas anderes zu hören.

Wenn wir so über diese Worte nachdenken, wird es richtig aktuell. Anliegen wie Klimawandel, globale Gerechtigkeit, Ausbeutung von natürlichen Ressourcen, bewegen viele zum Aufhören und Aussteigen, Sie werden diese Liste der Anliegen gut ergänzen können. Sie werden auch Initiativen kennen, die andere durch Zeichenhandlungen dazu aufrufen, ebenso Aufzuhören, Auszusteigen.

Nach diesem Gleichnis erzählt Matthäus die Passion Jesu. Wer in Jesus bleiben will, dem wird manche Herausforderung nicht erspart bleiben. Und die Geschichte unseres Glaubens zeigt, Menschen, die mit unguten Praktiken aufhören, die Bekehrung und ein neues Denken in ihr Leben aufgenommen haben, erleben, ähnlich wie dieser Diener, aus dem System geworfen zu werden. Immer wieder passiert dann noch etwas anderes. Das Evangelium, das Himmelreich, wirkt in das System, evangelisiert mehr und mehr Menschen, so dass ungerechte Strukturen keinen Bestand mehr haben, dass Neues entsteht.

Am Welttag der Armen, dem 19. November 2023, denken wir auch an Elisabeth on Thüringen. Sie hatte sich der Armutsbewegung, die Franz von Assisi vor 800 Jahren mit seiner Umkehr in der Kirche ausgelöst hat, angeschlossen, und in ihrer Zeit auf die Frage: Was habe ich zu tun? einen Weg gefunden, in Jesus Christus zu bleiben.

Aufhören – als ein Ausdruck von Umkehr, von neuem Denken, weil das Himmelreich nahe ist, bedeutet zum einen, bei vermutlich vielem in unserer modernen Welt nicht mehr mitzuspielen, bei Fragen des Konsums, der Freizeitbeschäftigung, einer Tendenz in uns Menschen, sich mit anderen zu vergleichen.

So entsteht innerlich Platz für ein Auf-HÖREN — ein tieferes Horchen auf Jesu zarte Führung in ein Leben der Fülle. Ein Leben als Kind Gottes auf einem Weg, den jeder und jede von uns im Hören persönlich gehen kann, im Bewusstsein, dass dieses Leben Gott gehört (auch so ein besonderes Wort mit hören)

In diesem Sinn noch mal die Frage aus dem Einstieg in unseren Gottesdienst heute:

Wer fragt: Was hat man zu tun? für den gibt es keine Antwort. Man hat nichts zu tun. Man kann sich nicht helfen, mit Man ist nichts mehr anzufangen. Mit Man geht es zu Ende.

Wer aber die Frage stellt: Was habe ich zu tun? den nehmen die Gefährten bei der Hand, die er nicht kannte und die ihm alsbald vertraut werden und antworten. Du sollst dich nicht vorenthalten.