Insider-Outsider-Problem: Das Fediverse, Algorithmen und die Werbung
Jetzt wo #Mastodon (vor allem) medial gehypt wird und der schleichende Bedeutungsverlust der grossen Social-Media-Plattformen immer deutlicher zu erkennen ist, wird natürlich auch die Branche auf das #Fediverse aufmerksam. So fragte jüngst die Absatzwirtschaft, ob “meine Marke einen Mastodon Account” braucht. Die naheliegende Antwort ist “(noch) nicht”. Trotzdem ist die Frage berechtigt, und so ist es nur folgerichtig, dass manche dezentrale Plattformen bereits als einen der Social-Media-Trends 2023 identifizieren. Sollte sich dieser Trend durchsetzen, dann muss sich natürlich auch die kommerzielle Kommunikation umorientieren. Einige Gedanken dazu.
Natürlich wurde der Beitrag in der Absatzwirtschaft von vielen auf Mastodon hämisch kommentiert (“Werbefuzzies”, ihr wisst schon). Wer aber ab und zu seine Blase verlässt, um im öden RL seinen Lebensunterhalt zu verdienen und schon ein paar Jahre mehr Neuland hinter sich hat als andere, weiss, dass nichts ewig währt. Internet ohne Werbung schon gar nicht. Immerhin: die dezentrale Architektur des Fediverse verhindert eine zentrale Monetarisierung in Form bezahlter Inhalte weitgehend. Wahrscheinlich. Aber über kurz und lang wird auch die kommerzielle Kommunikation Eingang in dieses Elysion finden.
Ich sehe grundsätzlich allerdings nur einen gangbaren Weg, sollten GAFA [1] tatsächlich an Relevanz verlieren: Zurück in die “gute alte Zeit”, also so ungefähr ab 2005 bis 2012. Oder so. Wenn uns keine Algorithmen mehr die Reichweite versauen und wir darum auch nicht mehr ständig bezahlte Inhalte pushen sollen, dann hilft wohl wirklich nur eine Rückbesinnung auf damals.
Was haben wir damals gemacht? Eine kurze Nachhilfe für das junge Gemüse unter euch.
Wir haben unsere kommerzielle Kommunikation auf zwei Säulen aufgebaut:
- Eigene Inhalte auf eigenen Plattformen (ihr wisst schon, Blogs und solches Zeugs) publiziert und
- auf diesen komischen #Twitter und #Facebook versucht, organisch eine Community aufzubauen.
Im Moment sehe ich eine gute Chance, dass das wieder so kommt, dass wir wieder vermehrt eine Reichweite über eigene Präsenzen aufbauen und uns wieder auf Augenhöhe – wie ich diese Metapher hasse! – mit der Kundschaft vernetzen (müssen). Ad radices!
Was hat das alles mit dem Fediverse zu tun?
Nichts. Und alles. Mastodon schickt sich gerade an, den ominösen “Chasm” zu überwinden. Ob es das schafft, bleibt aber offen, unten am Grund türmt sich ein veritabler Friedhof auf. Die anderen Dienste im Fediverse sind noch nicht mal am Rand der Klippe angekommen. Falls sie es aber hinüber schaffen, dann werden spätestens im Gefolge der Laggards auch die letzten “Werbefuzzies” mit dabei sein. Wie das dann einigermassen vernünftig ausgestaltet werden könnte, weiss ich auch nicht. Ich betätige mich jetzt als moderne Inkarnation des William von Baskerville und hole “Corporate Blogs” von Klaus Eck aus dem Bücherregal ...
Fussnoten [1] Google, Amazon, Facebook und Apple.
Bildquellen 1. Linnaea Mallette, Public Domain 2. Craig Chelius, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
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