Das Prinzip vom Kostenpreis – B.

Das Prinzip vom Kostenpreis.
(COST THE LIMIT OF PRICE.)

Vor einiger Zeit deutete ein Korrespondent in Liberty, bei Gelegenheit einer Kritik, darauf hin, dass das Kostenpreis-Prinzip im Widerspruch stehe zu den fundamentalen Grundsätzen des Anarchismus und quasi zu vergleichen sei mit dem Kommunismus der sogenannten kommunistischen Anarchisten. Es schien, als ob jener Korrespondent das Prinzip vom Kostenpreis also formuliert: „Unter der Aegide des Anarchismus muss – und soll – der Selbstkostenbetrag der Preis für alles und für jedermann sein.“ Ein ganz kleines wenig Marxismus – Gleichwert aller geleisteten Arbeit – hinzugedacht, und wir sind in der Tat nicht weit vom Nivellement des Kommunismus entfernt. Indes, für Beides, für jene Formel und den angezogenen Marx’schen Blödsinn, müssen wir Anarchisten uns schönstens bedanken. Josiah Warren, der Vater der Idee vom Kostenpreis, sagt diesbezüglich (True Civilization, p. 42): „Ich habe ausdrücklich auf sich ausgleichende Arbeit hingewiesen, weil wir zwischen den verschiedenen Arten Arbeit, die eine mehr unangenehm u.s.w., unterscheiden müssen. Die Idee vom Kostenpreis umfasst und dehnt sich auf diese Unterschiede aus.“ In demselben Werke, einige Seiten weiter (p. 46), anerkennt Warren selbst die Berechtigung zu einer Entschädigung für Unannehmlichkeiten, welche unter gewissen Umständen aus einem Verkaufe erwachsen. Daneben überlässt Warren die Schätzung und Berechnung der Kosten (Arbeit, Unannehmlichkeit, u.s.w.) dem Übereinkommen zwischen den beteiligten Parteien, die Wertberechnung nach Stunden geleisteter Arbeit allein in staatssozialistischem Sinne damit ausschliessend.

Trotz alledem dürfen wir keine Gelegenheit versäumen, bei Erläuterung unserer Prinzipien auf die wirkliche Bedeutung des Kostenprinzips hinzuweisen und, ähnlich wie Yarros in „Anarchism: Its Aim and Methods“ begonnen, die Art der Realisierung und Geltendmachung des Kostenprinzips zu erklären. Auf die Gefahr hin, oft schon Publiziertes zu wiederholen, muss es immer und immer wieder betont werden, dass das Kostenprinzip nichts ist und sein will, als eine praktische gerechte Norm behufs Ausgleichung der geschäftlichen Beziehungen zwischen Individuen, dessen allgemeine Einführung im Laufe der Zeit eben dieser seiner Eigenschaften willen freiwillig erfolgt. Wenn in unserer heutigen korrupten, durch barbarische Prinzipien geleiteten Gesellschaft ein Individuum diesen Barbarismus gar zu offenkundig zur Schau trägt und seinem Mitmenschen das Fell über die Ohren zieht, so verfällt er und sein Geschäft dem Verdammungsurteile der öffentlichen Meinung, wie z. B. gewisse Pfandleiher, Wucherer, Bordellwirtschaften, u.s.w. Es ist dieses im Grunde genommen eine Inkonsequenz in Hinblick auf die heute gültige Maxime vom Wert im Markte, eine Art unbewusster Hinneigung der Menschennatur zum Richtigen. Man duldet diese Gewerbe, aber man verachtet sie. Mit dem Fortschreiten der Menschheit wird es dahin kommen, dass Individuen, welche sich nicht nach dem Kostenprinzip im Verkehr mit ihren Mitmenschen richten, eine ähnliche Stellung wie heute Pfandleiher und Bordellwirte einnehmen.

Es ziemt sich ferner, darauf hinzuweisen, dass die Wirkung des Kostenprinzips und dessen Anwendung einer weitergehenden Untersuchung bedarf.

B.

(Libertas 4, Samstag, 5. Mai 1888, S. 8.)

Anmerkungen