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Dieser Blog veröffentlicht ausgewählte Beiträge aus der Libertas, deren Ausgaben bislang nur als relativ schlechte Scans im PDF-Format ohne OCR vorliegen (→ Links). Längere Texte, welche bereits andernorts verfügbar sind – wie z. B. Tuckers Staatssozialismus und Anarchismus: In wieweit sie übereinstimmen und worin sie sich unterscheiden oder Félix Pyats Der Lumpensammler von Paris, der in der Libertas über mehrere Ausgaben hinweg publiziert wurde – werden dabei ausgelassen. Diese Texte sind ebenfalls unter den → Links zu finden. Artikel, welche vereinzelt komplett aus anderen Zeitungen übernommen wurden, werden gegenwärtig auch nicht veröffentlicht. Alle übergangenen Beiträge sollen aber zu gegebener Zeit ebenfalls veröffentlicht werden.

Die Rechtschreibung der Beiträge wird der Lesbarkeit halber an die moderne deutsche Rechtschreibung angepasst. Dies gilt besonders für die Zeichensetzung.

Die Ausgaben der Libertas befinden sich in der Public Domain, daher unterliegen alle Inhalte dieses Blog der CC0 1.0 Universell Lizenz und sind ebenfalls in der Public Domain[1].

Benjamin Tucker

Benjamin Ricketson Tucker (1854–1939) war ein bedeutender US-amerikanischer Journalist, Verleger und Anarchist. Geboren in South Dartmouth, Massachusetts, entwickelte sich Tucker zu einer zentralen Figur des Individualanarchismus in den Vereinigten Staaten. Er war stark von den Ideen europäischer und amerikanischer Denker wie Pierre-Joseph Proudhon, Josiah Warren und Lysander Spooner beeinflusst[2].

Benjamin Tucker Benjamin R. Tucker (unionofegoists.com)

Tucker war bekannt für seine scharfe Kritik an staatlichen Institutionen und für seine Überzeugung, dass wahre Freiheit nur durch die Abschaffung des Staates erreicht werden könne. Er lehnte staatliche Eingriffe in das Leben der Bürger ab und argumentierte, dass vier Hauptmonopole – Geld, Land, Zölle und Patente – die Hauptursachen für die Unterdrückung der Arbeiterklasse seien[2].

Die Zeitung Liberty

Liberty war eine von Benjamin Tucker gegründete und herausgegebene Zeitung, die von 1881 bis 1908 in Boston erschien. Die Zeitung spielte eine zentrale Rolle bei der Entwicklung und Verbreitung des amerikanischen Individualanarchismus. Tucker nutzte Liberty als Plattform, um seine anarchistischen und libertären Ideen zu verbreiten und Diskussionen zu fördern. Die Zeitung erschien alle zwei Wochen und war bekannt für ihre Essays und Debatten über politische Philosophie und soziale Gerechtigkeit[3].

Titelseite der Liberty Titelseite der ersten Ausgabe der Liberty (Wikimedia Commons)

Die Liberty war nicht nur ein Sprachrohr für Tuckers eigene Ansichten, sondern auch ein Forum für andere prominente AnarchistInnen und DenkerInnen jener Zeit. Zu den AutorInnen gehörten unter anderem Lysander Spooner, Auberon Herbert, Dyer Lum, Joshua K. Ingalls, John Henry Mackay, Victor Yarros und Voltairine de Cleyre. Die Zeitung förderte eine Vielzahl von anarchistischen und libertären Ideen, wobei der Schwerpunkt auf der individuellen Freiheit und der Ablehnung staatlicher Autorität lag[3].

Tucker machte deutlich, dass die Zeitung in erster Linie seine eigenen Ansichten widerspiegeln würde. In der ersten Ausgabe schrieb er: „Die Zeitschrift wird so redigiert, dass sie ihrem Herausgeber gefällt, nicht ihren Lesern. Er hofft, dass das, was ihm gefällt, auch ihnen gefallen wird; aber wenn nicht, wird es keinen Unterschied machen.“ Diese Haltung unterstrich Tuckers kompromisslose Haltung gegenüber seinen Prinzipien und seine Bereitschaft, kontroverse und unpopuläre Meinungen zu vertreten[3].

Die deutschsprachige Libertas

Neben der englischsprachigen Liberty gab Benjamin Tucker im Jahr 1888 auch eine deutschsprachige Ausgabe namens Libertas heraus. Diese Zeitung war jedoch nur von kurzer Dauer und es erschienen lediglich acht Ausgaben, ebenfalls in Boston. Die Veröffentlichung von Libertas war ein Versuch, die Ideen des Individualanarchismus und der libertären Philosophie auch dem damals grossen deutschsprachigen Publikum in den USA näherzubringen[4].

Zeitungskopf der Libertas Zeitungskopf der Libertas (eigene Darstellung)

Die Inhalte der Libertas ähnelten denen der Liberty und umfassten Essays, Artikel und Debatten über politische Philosophie, soziale Gerechtigkeit und die Kritik an staatlichen Institutionen. Tucker nutzte die Zeitung, um die deutschsprachige Leserschaft über die Prinzipien des Individualanarchismus aufzuklären und sie zur Reflexion über die Rolle des Staates und die Bedeutung der individuellen Freiheit anzuregen.

Individualanarchismus

Der Individualanarchismus, wie er von Benjamin Tucker und seinen MitstreiterInnen vertreten wurde, betont die Bedeutung der individuellen Freiheit und Autonomie. Im Gegensatz zu kollektivistischen Formen des Anarchismus, die auf gemeinschaftlichem Eigentum und kollektiver Entscheidungsfindung basieren, legt der Individualanarchismus den Schwerpunkt auf das Recht der/des Einzelnen, ihr/sein eigenes Leben nach eigenen Vorstellungen zu gestalten, ohne Einmischung durch den Staat oder andere autoritäre Institutionen.

Tucker und andere IndividualanarchistInnen argumentierten, dass wahre Freiheit nur durch die Abschaffung des Staates und aller Formen von Zwang und Monopol erreicht werden könne. Sie setzten sich für freie Märkte und freiwillige Kooperation ein und glaubten, dass diese Prinzipien zu einer gerechteren und wohlhabenderen Gesellschaft führen würden. Tucker selbst bezeichnete seine Position als „anarchistischen Sozialismus“, da er die Idee vertrat, dass sozialistische Prinzipien wie Gleichheit und Gerechtigkeit am besten durch anarchistische Mittel erreicht werden könnten[2].

Ein zentraler Aspekt des Individualanarchismus ist die Ablehnung von staatlichen Monopolen, die Tucker als die Hauptursachen für die Unterdrückung der Arbeiterklasse ansah. Er identifizierte vier Hauptmonopole – Geld, Land, Zölle und Patente – die seiner Meinung nach abgeschafft werden müssten, um eine freie und gerechte Gesellschaft zu schaffen. Tucker und seine MitstreiterInnen setzten sich für eine Gesellschaft ein, in der die Menschen frei von staatlicher Kontrolle und Zwang leben und ihre eigenen Entscheidungen treffen können[2].

Insgesamt war Benjamin Tucker eine einflussreiche und umstrittene Figur in der Geschichte des Anarchismus. Durch seine Zeitung Liberty und seine Schriften trug er massgeblich zur Verbreitung und Entwicklung des Individualanarchismus bei und hinterliess ein bleibendes Erbe in der anarchistischen Bewegung.

Fussnoten

[1] Dies ganz im Sinne Tuckers und seiner MitstreiterInnen, die sich nicht nur gegen Monopole wie Patente, sondern auch gegen das Copyright eingesetzt haben; vgl. dazu z. B. Kinsella 2013 und Long 1995. [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Benjamin_Tucker [3] https://en.wikipedia.org/wiki/Liberty_%281881%E2%80%931908_periodical%29 [4] https://anarchistischebibliothek.org/library/max-nettlau-geschichte-der-anarchie-i-der-vorfruhling-der-anarchie