Partei – John Henry Mackay
PARTEI.
[„Sturm“. Verlagsmagazin, J. Schabelitz, Zürich, Schweiz.]
Partei ist heute Alles: — Jeder nimmt Sich seinen Stand in einer; Jeder stimmt Der eigenen Wünsche unberührte Saiten Nach ihrem Klang; ob innerlich auch streiten
Gedanken und Gefühle scharf dagegen; Er ist ein Glied der Kette, darf nur regen Sich innerhalb der streng gezogenen Grenzen Und alles Licht, er siehts wie Schatten glänzen
Durch die papiernen Wände der Partei! — Wo aber ist der Mensch, der kühn und frei, Einzig allein die eigenen Wege geht? Stark jedem fremden Einfluss widersteht?
Und der sein Denken, wie sein Wünschen nicht Den Wünschen Andrer schwächlich unterstellt? Der Licht nur will, und nichts als hellstes Licht, Zu klären seines Daseins ganze Welt?!
Als Bruder kennt er nur den Freien an, Und reicht ihm gern zu gleichem Kampf die Hand, Und drückt sie fest-doch niemals darf und kann Zur Fessel werden dieses freie Band! —
(Libertas 5, Samstag, 19. Mai 1888, S. 1.)
Anmerkungen
- Das Verlags-Magazin war ein Schweizer Buchverlag. Dieser firmiert oft als Verlags-Magazin (J. Schabelitz). Er wurde im Jahr 1864 von Jakob Lukas Schabelitz (1827–1899) gegründet. Der Verlag wurde zu einem der bekanntesten Publikationsorte für oppositionelle Deutsche, die im eigenen Land der Zensur unterworfen waren. Zum Verlagsprogramm gehörten vor allem politische Schriften, darunter Bücher von Friedrich Engels und August Bebel. Zum Autorenkreis gehörten u. a. auch John Henry Mackay, dessen Roman Die Anarchisten in Deutschland aufgrund des Sozialistengesetzes verboten war, und Malwida von Meysenbug.
- Die erste Auflage der Gedichtsammling Sturm von Mackay erschien 1888 im Verlags-Magazin. Die vierte, vermehrte Auflage ist online bei archive.org verfügbar. Das Gedicht Partei ist dort auf S. 26–27 zu finden.