Spielend lernen – was LEGO im Unterricht bewirken kann

Lego-Skulptur auf dem Legocampus in Billund

Kaum eine Kindheit kommt ohne sie aus: bunte LEGO-Steine, aus denen sich ganze Welten erschaffen lassen. Dass diese Bausteine aber nicht nur in Kinderzimmern Wirkung entfalten, zeigt eine neue Studie der University of Surrey: Bereits sechs Wochen LEGO-gestützter Unterricht führten bei Sechs- bis Siebenjährigen zu signifikanten Verbesserungen in räumlicher Vorstellungskraft und Mathematikleistung.

Das hat mich hellhörig gemacht. Denn als zertifizierter LEGO® SERIOUS PLAY® Facilitator und Erwachsenenbildner setze ich LEGO seit einigen Jahren punktuell auch in Workshops und im Unterricht ein – mit durchwegs positiven Erfahrungen. Was die Forschung jetzt im Primarschulalter aufzeigt, hat durchaus auch Relevanz für die höhere Berufsbildung und Weiterbildung. Dieser Beitrag geht der Frage nach, welche Rolle LEGO in der Erwachsenenbildung und Hochschuldidaktik spielen kann – und weshalb spielerisches Lernen auch für Erwachsene ein ernstzunehmender Weg des Verstehens ist.

Einfache Bausteine, messbarer Effekt

Im Rahmen des sogenannten SPACE-Programms der University of Surrey führten Lehrpersonen strukturierte LEGO-Aktivitäten in ihren Klassen durch. Die Kinder lernten dabei, räumlich zu denken, mentale Rotationen vorzunehmen und Bauanleitungen im Team umzusetzen. Das Resultat: signifikante Verbesserungen sowohl im räumlichen Denken als auch in mathematischen Leistungen – und zwar besonders ausgeprägt bei Kindern aus benachteiligten Verhältnissen. [1]

Diese Ergebnisse bestätigen, was die Bildungsforschung seit Längerem vermutet: Räumliches Denken fördert nicht nur das Verständnis für Mathematik, sondern wirkt sich positiv auf Problemlösen, kritisches Denken und Lernmotivation aus. Der Clou dabei: Das Training muss nicht aufwendig oder digital sein. Es reicht, mit den Händen zu denken.

LEGO im Hochschulunterricht: Kreativ, praxisnah, wirksam

Auch in der Hochschuldidaktik gibt es eine zunehmende Zahl von Studien, die LEGO in unterschiedlichsten Fächern einsetzen – von Ingenieurwissenschaften bis zu Sozialwissenschaften. Dabei werden meist zwei Zugänge unterschieden: einerseits der Einsatz von LEGO-Robotik zur Förderung technischer und kreativer Kompetenzen, andererseits Methoden wie LEGO Serious Play für Reflexions- und Gruppenprozesse.

In einer umfassenden Untersuchung an mehreren technischen Hochschulen konnte gezeigt werden, dass Studierende, die im Rahmen von Mechatronik- oder Informatikkursen mit LEGO-Robotern arbeiteten, ein besseres Verständnis komplexer Inhalte entwickelten – etwa zur Sensorik, Regelungstechnik oder Steuerung. [2] Der Aufbau, die Programmierung und das gemeinsame Testen der Modelle förderten nicht nur das technische Verständnis, sondern auch Teamarbeit und kreative Problemlösung.

In einer anderen Studie wurden LEGO-Mindstorms-Roboter im Rahmen eines Blended-Learning-Konzepts in die Ingenieurausbildung integriert. Die Ergebnisse zeigten eine deutlich gesteigerte Motivation der Studierenden, intensive Teaminteraktionen sowie ein nachhaltigeres Verständnis der vermittelten Inhalte durch praxisorientiertes, problembasiertes #Lernen. [3]

Spielerische Reflexion: LEGO Serious Play in der Erwachsenenbildung

Neben technischen Anwendungsfeldern findet LEGO auch in der Erwachsenenbildung zunehmend Verbreitung – insbesondere in Form der Methode LEGO Serious Play. Hier werden mit LEGO gebaute Modelle als Denk- und Diskussionsgrundlage genutzt: Eine Fragestellung wird visualisiert, reflektiert, erzählt und gemeinsam weiterentwickelt.

Eine aktuelle Untersuchung zeigt, dass diese Methode – etwa in Management- oder Marketingkursen – zu einer höheren Beteiligung, stärkerer Kreativität und tieferer Reflexion beiträgt. [4] Die Studierenden berichteten, dass sie durch das konkrete Bauen abstrakte Begriffe besser durchdringen konnten. Auch das Miteinander im Seminar veränderte sich: Diskussionen wurden lebendiger, der Austausch offener.

Forschungsergebnisse aus der Weiterbildung unterstützen diesen Befund. Eine systematische Übersichtsstudie zu LEGO in der Erwachsenenbildung hebt hervor, dass spielerische Lernformen – sofern gut eingebettet und moderiert – die Motivation erhöhen, die Interaktion verstärken und das Lernen messbar vertiefen können. [5]

Eigene Erfahrungen – und typische Vorbehalte

In meiner eigenen Arbeit setze ich LEGO vor allem dann ein, wenn es darum geht, Gruppen zu aktivieren, Denkprozesse zu visualisieren oder ein komplexes Thema auf eine neue Weise zugänglich zu machen. Dabei erlebe ich oft eine anfängliche Skepsis („Ist das nicht etwas für Kinder?“), die sich aber meist schnell auflöst, sobald erste Modelle entstehen und sich Gespräche auf Augenhöhe entwickeln.

Diese Skepsis ist verständlich. Schliesslich stehen wir in der Erwachsenenbildung oft unter dem Druck, ernsthaft, zielorientiert und effizient zu arbeiten. LEGO scheint da nicht recht zu passen. Doch gerade weil unser Leben von Abstraktion und Rationalisierung geprägt sind, bietet das konkrete Bauen mit den Händen einen wertvollen Kontrapunkt. Die Forschung legt nahe: Spielerisches Lernen ist auch für Erwachsene ein wirksamer Weg zu Einsicht und Erkenntnis.

Fazit: Zeit für einen Perspektivenwechsel

Was Studien im Schul- und Hochschulbereich zeigen, gilt auch für die Erwachsenenbildung: Wer mit LEGO arbeitet, lernt nicht weniger – sondern anders. Spielerische Methoden können Denkprozesse anregen, Gespräche vertiefen, Kreativität entfalten und neue Zugänge zu komplexen Themen eröffnen. Voraussetzung ist, dass sie ernsthaft eingebettet, gut moderiert und klar auf Lernziele bezogen sind.

Die aktuelle Forschung liefert ausreichend Hinweise, dass LEGO nicht nur Spielzeug ist, sondern ein vielseitiges didaktisches Instrument. Vielleicht braucht es dafür ein wenig Mut – und die Bereitschaft, das eigene Lernverständnis zu hinterfragen. Doch der Versuch lohnt sich.


Quellen

[1] E. Farran et al., „Teacher delivered block construction training improves children’s mathematics performance“, Mind, Brain, and Education, vol. 19, no. 2, 2024. https://doi.org/10.1111/mbe.70006 [2] T. Danahy et al., „LEGO-Based Robotics in Higher Education: 15 Years of Student Creativity“, Journal of Engineering Education, vol. 103, no. 1, pp. 1–20, 2014. http://dx.doi.org/10.5772/58249 [3] S. Stiehm et al., „Blended Learning Through Integrating Lego Mindstorms NXT Robots in Engineering Education“, ASME 2015 International Mechanical Engineering Congress and Exposition, Houston, TX, USA, 2015. https://doi.org/10.1115/IMECE2015-51641 [4] C. C. Ferreira et al., „Unlocking student creativity with LEGO® Serious Play: A case study from the graduate marketing classroom“, Marketing Education Review, vol. 34, no. 2, pp. 153–163, 2024. https://doi.org/10.1080/10528008.2024.2337926 [5] D. Chasanidou und N. Raikou, „LEGO® for Professional Development: A Systematic Literature Review“, Advances in Human Factors in Training, Education, and Learning Sciences, Springer, 2024, pp. 3–21. https://doi.org/10.1007/978-3-031-60695-3_1

Bildquelle Lego-Skulptur auf dem Legocampus in Billund, fotografiert 2015 von WileyFoxes, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons.

Disclaimer Teile dieses Texts wurden mit Deepl Write (Korrektorat und Lektorat) überarbeitet. Für die Recherche in den erwähnten Werken/Quellen und in meinen Notizen wurde NotebookLM von Google verwendet.

Topic #Erwachsenenbildung


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