Ätherrauschen

Gedanken zum Leben, dem Universum und dem ganzen Rest

Achtung: ich bin weder Politikwissenschaftler, noch Psychologe oder Statistiker. Was ich im folgenden darlege, basiert auf meiner Beobachtung und stellt nichts anderes dar, als meine persönliche und subjektive Meinung und Interpretation. Ich erhebe keinen Anspruch auf Objektivität, umfassende Korrektheit oder Allgemeingültigkeit meiner Aussagen.

Seit ihrer Gründung im Jahr 2013 gibt es für die Popularität der AfD nur eine Richtung: nach oben. Bei der letzten Bundestagswahl schaffte sie es sogar, zweitstärkste Kraft hinter der Union aus CDU und CSU zu werden.

Die etablierten Parteien hyperventilieren und versuchen wahlweise mit hohlen Phrasen, die die AfD verteufeln, oder gleich mit Übernahme derer Positionen (Stichwort: Grenzkontrollen, Eindämmung “illegaler” Migration) der AfD wenigstens ein paar Wähler abspenstig zu machen.

Weitestgehend erfolglos, wohlgemerkt.

Die oberflächlichen Gründe für den Erfolg der AfD vor allem im Vergleich zu anderen rechten Parteien sind dabei vielfältig und waren schon lange vor ihrer Gründung präsent.

Über die meisten davon wurden bereits dicke Bücher geschrieben, sie seien hier daher nur kurz erwähnt: der (anfangs) bürgerliche Anstrich, die meisterhafte Ausnutzung der Schwächen der anderen Parteien, die massive Nutzung einfacher Sprache und sozialer Medien für Propaganda, der Oppositionsbonus (“gegen die da oben”), die Ignoranz der Wähler für die Doppelstandards der AfD.

Am wichtigsten dürften aber Gründe sein, die eigentlich nichts mit dem Wirken der AfD selbst zu tun haben.

Da ist die Abwertung der Lebensleistungen Ostdeutscher nach der Wende, als die DDR angeschlossen und wie eine Pleite-Firma abgewickelt wurde. Blühende Landschaften wurden für den Wahlsieg versprochen, danach jedoch verloren Millionen Menschen ihre Jobs, Landstriche wurde deindustrialisiert, Rentenansprüche abgewertet, Kindergärten und Polikliniken geschlossen, Vermögenswerte und Sparguthaben direkt durch Abwertung der Währung oder indirekt durch Folgeeffekte der Landstrichverödung vernichtet.

Bis heute werden im Osten bei rund 20% Bevölkerungsanteil lediglich 4% des Gesamtaufkommens der deutschen Erbschaftssteuer gezahlt. Der Anteil ostdeutscher Manager in den oberen Etagen der großen Konzerne liegt ebenfalls weit unter dem Bevölkerungsanteil, kein einziger DAX-Konzern hat seinen Hauptsitz in einem ostdeutschen Flächenland.

Im Westen wurde durch Entscheidungen aller Regierungsparteien seit 1990 wichtige Infrastruktur auf Verschleiß gefahren und der wirtschaftlicher Wandel der Regionen höchstens verwaltet, wenn nicht sogar ganz verschlafen, statt offensiv gestaltet. Innovationen wurden zugunsten der Gewinne alter Industriekonzerne abgewürgt, die Ansiedlung neuer Industriezweige durch Überregulierung und Bürokratie gebremst oder gleich ganz verhindert. Wie im Osten auch führte das zu steigender Arbeitslosigkeit und rasant zunehmender Ungleichheit.

Ausgerechnet die SPD ließ ihre Kern-Klientel fallen und führte neoliberale Reformen durch (Hartz IV), die die Rücklagen von Millionen Menschen vernichteten und ihnen das Auskommen extrem erschwerten. Gleichzeitig wurden die wahren Ausmaße der Misere durch geschickte Rechentricks verschleiert, bei denen viele Bedürftige aus der Statistik fielen. Zusammen mit den Grünen, die ihre Friedensideale verrieten, setzte die SPD zudem mutmaßlich völkerrechtswidrige Einsätze der Bundeswehr im Ausland durch, gegen den Willen der Bevölkerung. Und auch aktuell wird wieder fleißig die Angst vor Konflikten und Krieg geschürt, um soziale Einschnitte zu rechtfertigen.

Union und FDP ihrerseits schafften es nicht nur, die Kluft zwischen Arm und Reich weiter zu vergrößern, sondern das Ganze auch noch in einer Art und Weise zu tun, die den weniger vermögenden Teilen der Bevölkerung den Stinkefinger zeigte. So wurde 1997 die Vermögenssteuer ersatzlos ausgesetzt, die Einkommenssteuer vor Allem auf hohe Einkommen so weit gesenkt, wie es keine noch so konservative oder wirtschaftsliberale Regierung seit Gründung der Bundesrepublik gewagt hatte, während für niedrige Einkommen der Nettozuwachs kaum die Inflation ausgleichen konnte. Gewinne aus Geldvermögen (also leistungsloses Einkommen) wurden und werden immer noch niedriger besteuert als Einkommen aus Arbeit. Gleichzeitig wird der Druck auf Arbeitslose immer weiter erhöht, obwohl die selbst kaum Einfluß auf ihre Situation haben. Selbst Mittelschichtfamilien können sich kaum noch ein Eigenheim leisten, schon bei kurzer Arbeitslosigkeit drohen der Verlust aller Rücklagen und sozialer Abstieg.

Zur Finanzierung des Ganzen wurden im Gegenzug Sozialausgaben drastisch gekürzt, Infrastruktur entweder privatisiert, quasi auflagenlos verpachtet oder gleich ganz im Sinne der Ausgabenminimierung wegoptimiert, was sich vor allem in dünner besiedelten Regionen bemerkbar macht. Die Renten, die zukünftige Rentner zu erwarten haben, sinken jährlich, während die Sozialabgaben auf Löhne, mit der unter Anderem aktuelle Renten finanziert werden, kontinuierlich steigen. Gleichzeitig soll privat vorgesorgt werden, was aber wegen der Inflation und Löhnen, die damit nicht Schritt halten, seit Jahren immer schwieriger wird.

Dazu befleißigt sich nicht nur die Union einer Rhetorik, bei der aus jedem Satz Überheblichkeit und die Verachtung für die unteren Schichten triefen. Da wird gelogen, Versprechen werden nicht eingehalten, Verantwortung für die eigenen Entscheidungen abgelehnt.

Kurz gesagt: Die Regierungsparteien haben seit über 30 Jahren das grundlegende Bedürfnis nach sozialer Sicherheit und Planbarkeit der Zukunft systematisch ignoriert und untergraben.

Die Menschen reagieren darauf natürlich mit Ablehnung. Das Gefühl “mir wird etwas weg genommen” und die daraus folgende Angst vor sozialem Abstieg bis in die Armut wird von der AfD geschickt in Ressentiments gegen Zuwanderer und Vertreter des Staates, sowie in irrationale Angst vor Kriminalität umgeleitet. Dabei schafft sie es, die Demokratie zu untergraben und sich selbst als Opfer und einzige echte Opposition zu inszenieren. Nicht einmal kriminelles Verhalten, Korruption und Verfassungsfeindlichkeit ihrer Repäsentanten können diesem Bild etwas anhaben.

Das Gefühl der Wähler, von den etablierten Parteien hintergangen zu werden, kann auch nicht durch deren Übernahme von Themen und Positionen der AfD überstrahlt werden, so dass dieser Versuch letztlich zum Scheitern verurteilt ist, auch weil es unterstreicht, dass es den Parteien ausschließlich um den Erhalt des Status Quo, statt um die Gestaltung einer lebenswerten Zukunft geht.

Um der AfD und anderen rechten Organisationen wirklich etwas entgegen zu setzen, müssen sich die Parteien dazu bekennen, eine sozial gerechte und sichere Gesellschaft zu schaffen.

Für eine gerechte Gesellschaft müssen die Vermögenden wieder stärker in Haftung genommen werden, die jetzt überproportional profitieren. Um Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes zu zitieren: “Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.”

Experimente haben gezeigt, dass Menschen, die ein bedingungsloses Grundeinkommen beziehen, gesünder, zufriedener und gesellschaftlich und beruflich aktiver sind. Einer der Gründe hierfür dürfte sein, dass das Grundeinkommen ihnen Sicherheit vermittelt.

Arbeitslosigkeit oder Krankheit dürfen also nicht automatisch zum Verlust aller Rücklagen führen. Nach mehr als 40 Jahren Arbeit mit horrenden Abgaben für die Rente Anderer müssen die Menschen selbst auch noch eine auskömmliche Rente beziehen können. Das tägliche Leben, die Ernährung und auch soziale und kulturelle Teilhabe müssen bedingunglos gesichert sein.

Im Kampf gegen Rechts ist es Aufgabe der Parteien, den Menschen Zuversicht und Vertrauen in die Demokratie zu vermitteln, sie in sozialen Belangen zu unterstützen und als vertrauenswürdiger Partner, der nicht nur die eigenen Interessen und die einer kleinen, vermögenden Kleintel vertritt, zu agieren.

Nur wenn diese Bedingungen erfüllt sind, kann ein weiteres Abdriften der Gesellschaft nach Rechts verhindert werden.