Chiatura
Der Reiseführer nennt die Stadt “skuril”. Und ja, skuril ist sie. Eine Bergbaustadt in einem Tal. Früher schwebten hier Dutzende von Seilbahnen umher und verbanden die Blocks auf den Hängen, die Industrie-Anlagen, den Bergbau. Jetzt gibt es nur noch fünf davon – alle neu saniert. Eine sechste wird gerade in Ordnung gebracht. Von den anderen findet man allenthalben die Übereste – manchmal hängen die Gondeln noch in der Luft, woanders sind es nur die Stationen, die wie Ungeheuer noch herumstehen.
“Überreste” – das scheint ohnehin ein Hauptwort in Chiatura und dem ganzen Tal zu sein. Überall stößt man auf Überreste: von Industrie-Anlagen, von Seilbahnen, vom Brutalismus der Sowjet-Zeit, von früherem Wohlstand... Aber was ist diese Stadt heute? In den lost places der Industrie sind immer wieder vereinzelte Menschen beim Arbeiten. Ich verstehe nicht, was sie tun. Plötzlich läuft mitten unter den Leichen alter Bagger, Laster und Produktionshallen eine der Maschinen, die gewiss schon über ein halbes Jahrhundert alt ist. Wofür? Der erste Eindruck heißt: skuril. Es kommt mir auch so vor, als seien die #Menschen hier viel verschlossener, manchmal gar abweisender, als ich es sonst erlebt habe. Eine tiefere Beschäftigung damit würde mich interessieren. Aber das wird wohl nix.
Etwas habe ich verstanden, als ich gestern den sehr beeindruckenden Film “City of the Sun” (momentan leider nur bei Netflix) gesehen habe – eine poetische Dokumentation des Lebens hier. Chiatura ist in jedem Fall einer der starken Eindrücke dieser Reise.