Das Stadtzentrum von Tbilissi ist wirklich wunderschön. Kleine Gassen, alte Häuser mit schönen Balkons, alte Kirchen, prachtvolle Alleen, nette Park-Anlagen, große Museen, Badehäuser mit vielen Kuppeln, tolle Blicke vom Hang, der Fluss...
Allerdings ist inzwischen auch hier die ganze Infrastruktur auf Tourist*innen ausgerichtet. Ich gehe an langen Reihen von Restaurants vorbei, an denen ich auf die Speisekarten verwiesen werde. Souvenir-Shops reihen sich aneinander. Guides bieten ihre Dienste an. Ich kann aus vielen Tagestouren wählen, die mir auf 100 m bestimmt 8x angeboten werden...
Da ist es für mich eher erholsam, auch mal mit der Metro an die Ränder zu fahren. Tbilissi hat prachtvolle Beispiele von Bauten des Brutalismus – jenes Beton-Baustils der 50er bis 80er Jahre des letzten Jahrhunderts. Besonders beeindruckt hat mich dabei das Gebäude, in dem heute die Bank of Georgia ihre Zentrale hat. Es wurde 1975 als Verwaltungsgebäude gebaut. Die Baukörper sind so “gestapelt”, dass die Landschaft praktisch ungehindert einbezogen ist.
Touristen habe ich hier nicht getroffen. Dafür Geschäfte mit Dingen, die man alltäglich braucht und einfache Gaststätten, in denen Menschen aus Tbilissi sitzen.
Wenn du im Internet den richtigen Kanälen folgst (z. B. AmiW auf Mastodon), kannst du StreetArt aus aller Welt finden. Künstler*innen, die Wände gestalten – angefangen mit kleinen Figuren, die sich frech an den jeweiligen Ort drängeln, bis hin zu riesigen Wandbildern.
Ich liebe diese Outdoor-Kunst. Besonders schön ist es immer wieder, sie selbst zu finden – so wie dieses gewaltige und, wie ich finde, besonders schöne Wandbild. Es schmückt eine riesige Häuserwand neben einem hässlichen Parkplatz in Tbilissi. An dem Zimmerfenster unten rechts kann man die Dimensionen erahnen.
Wenn ich reise, nehme ich immer einen Beutel schwarzen Tee mit. Oft bekommt man unterwegs zwar guten Kaffee, aber selten guten Tee.
Inzwischen ist mein Tee alle. Sollte ja kein Problem sein, in Georgien guten Tee zu finden – dachte ich Schließlich wird Tee hier produziert. (Schon in der DDR war der grusinische Tee berühmt-berüchtigt.) Aber ich hatte mich geirrt. Zumindest in der Provinz gab es überall nur die üblichen internationalen Teebeutel. 😥
Deshalb führte mich heute in Tbilissi einer meiner ersten Wege (nachdem ich zum Rasieren beim Barbier war) zum Bitadze Tea Shop (Tipp aus dem Reiseführer). Ein kleiner Laden, gleich noch mit Ausstellung historischer Tee-Dosen. Eine davon kannte ich noch von früher...
Und natürlich gab es zahlreiche Sorten georgischen Tees, von denen ich drei gekauft habe. Ich werde sie in den nächsten Tagen probieren und habe gleich noch ein vergängliches Andenken für Zuhause.
Es sind vorrangig Ford Transit und Mercedes Transporter. Immer schon ziemlich alt, meist vorher in Europa gefahren und dort aussortiert. 20 bis 24 Plätze.
Mit diesen Kleinbussen ist das ganze Land verbunden. Auf den Bus-Stationen der größeren Städte stehen immer viele davon. Manche haben ein Schild mit Fahrziel in der Windschutzscheibe. Meist muss man aber einfach nachfragen, wenn man sich nicht auskennt.
Früher standen sie, bis sie voll waren, und fuhren dann los. Heute gibt es schon Abfahrts-Zeiten, die man erfragen kann, wenn sie einen interessieren. Angeschrieben sind sie nirgends. Und es kommt vor, dass die Marschrutka dann doch nicht losfährt, weil nicht genug Menschen drin sitzen. Aber meistens sind sie voll.
Mir macht es nicht wirklich Spaß, darin zu fahren: eng, laut, rumpelig. Drei oder sechs Stunden Fahrzeit sind anstrengender als ein ganzer Arbeitstag. Aber immerhin ist es authentisch. Und ich komme, wohin ich will.
Der Reiseführer nennt die Stadt “skuril”. Und ja, skuril ist sie. Eine Bergbaustadt in einem Tal. Früher schwebten hier Dutzende von Seilbahnen umher und verbanden die Blocks auf den Hängen, die Industrie-Anlagen, den Bergbau. Jetzt gibt es nur noch fünf davon – alle neu saniert. Eine sechste wird gerade in Ordnung gebracht. Von den anderen findet man allenthalben die Übereste – manchmal hängen die Gondeln noch in der Luft, woanders sind es nur die Stationen, die wie Ungeheuer noch herumstehen.
“Überreste” – das scheint ohnehin ein Hauptwort in Chiatura und dem ganzen Tal zu sein. Überall stößt man auf Überreste: von Industrie-Anlagen, von Seilbahnen, vom Brutalismus der Sowjet-Zeit, von früherem Wohlstand... Aber was ist diese Stadt heute? In den lost places der Industrie sind immer wieder vereinzelte Menschen beim Arbeiten. Ich verstehe nicht, was sie tun. Plötzlich läuft mitten unter den Leichen alter Bagger, Laster und Produktionshallen eine der Maschinen, die gewiss schon über ein halbes Jahrhundert alt ist. Wofür?
Der erste Eindruck heißt: skuril. Es kommt mir auch so vor, als seien die #Menschen hier viel verschlossener, manchmal gar abweisender, als ich es sonst erlebt habe. Eine tiefere Beschäftigung damit würde mich interessieren. Aber das wird wohl nix.
Etwas habe ich verstanden, als ich gestern den sehr beeindruckenden Film “City of the Sun” (momentan leider nur bei Netflix) gesehen habe – eine poetische Dokumentation des Lebens hier. Chiatura ist in jedem Fall einer der starken Eindrücke dieser Reise.
Auf einem Weg durch die Dörfer in Svanetien komme ich an einer unscheinbaren Kirche vorbei. Davon gibt es hier sehr viele. Jeder Clan hat nicht nur seinen Wohnturm, sondern eben auch seine kleine Kirche gebaut. In der Regel sehr schlicht.
Zwei Dinge erregen meine Aufmerksamkeit. Zum einen sehe ich den blassen Rest einer Wandmalerei an der Nordseite. Zum anderen ist die Kirche verschlossen. Das habe ich hier sonst nicht erlebt. Also frage ich drei oder vier Leute, bis ich einen finde, der weiß, in welchen Haus der Schlüssel ist. Dort klopfe ich an und die Familie schickt den ca. 10jährigen Sohn, der mir die Kirche aufschließt, sich davor setzt und ein Fußballspiel auf dem Handy schaut.
Was ich in der Kirche erlebe, ist unwerfend: ein ganzes Programm wunderbar erhaltener Fresken aus dem (wie ich inzwischen weiß) 14./15. Jahrhundert. Ich bin überwältigt und freue mich, dass der Junge sein Fußballspiel hat – so habe ich Zeit für den Genuss.
Ich kenne das von den längeren Tramp-Touren aus meiner Jugend: Fast immer gab es irgendwann den Punkt, an dem mich mit plötzlicher Vehemenz die Dankbarkeit “überschwemmt” hat. Mit einem Mal war wir klar: Selbst, wenn jetzt alles schiefgeht oder der Urlaub abbricht – ich habe so viel Tolles erlebt, so viele gute Erinnerungen gesammelt, dass die Reise ein großer Schatz bleibt...
Heute war es wieder soweit. Bei meiner Wanderung durch die Berge, nach meinem Blick über die schneebedeckten Gipfel des Kaukasus war genau dieses Gefühl wieder da. Freude und Dankbarkeit. Welch ein Geschenk! Und dennoch bleiben noch ganze elf Tage, wenn Gott will.
Übrigens kenne ich dieses Gefühl nicht nur im Blick auf eine Reise, sondern auch, wenn ich auf mein ganzes Leben schaue.
Das hat mir bislang gefehlt: Endlich auch mal Zugfahren. In Armenien gibt es nur wenige Zugstrecken und da hat es für mich nicht gepasst. So bin ich ausschließlich per Anhalter und mit Kleinbus unterwegs gewesen, zwei ganz kleine Strecken im Taxi.
Heute sitze ich in einem georgischen Zug von Tbilissi in Richtung Westen. Für diesen Zug habe ich gestern das letzte vorhandene Ticket bekommen: 1. Klasse (fahre ich sonst nie). Aber bei 11,20 € für 320 km ist das schon ok 😀. Tickets werden wie üblich pro Platz verkauft, Reservierung also inklusive. Ich werde auch erst reingelassen, wenn ich meinen Pass gezeigt habe und der Name stimmt.
Die Fahrzeit beträgt knapp sieben Stunden – langsam, aber pünktlich. Ich genieße den Blick aus dem Fenster bei (selten) maximal 100 km/h und die kurzen Gespräche mit der netten Familie auf den Nachbar-Plätzen. Und natürlich ist es sehr viel angenehmer als im Kleinbus. Mit dem fahre ich dann gleich anschließend vier Stunden in die Berge – eine Tortur.
In einem kleinen Dorf lasse ich mich auf der Bank nieder. Kaum, dass ich sitze, kommt ein älterer Herr vorbei: “Womit kann man dir helfen?”, fragt er sofort. “Ach, ich brauche gerade nichts, danke.” “Aber einen Kaffee musst du mit mir trinken.” Ein paar Meter gehen wir zu seinem Haus. Dort wird schnell ein armenischer Kaffee bereitet und ein paar Aprikosen und Pralinen bereitgestellt. Ein wenig schwatzen, Kaffee trinken. Und nach einer halben Stunde ziehe ich beschenkt weiter.
Inmitten der herrlichen Landschaft hier in Syunik gibt es natürlich auch Geocaches. Das ist etwas, was viele verbindet. Und seit langer Zeit habe ich mir angewöhnt, möglichst in jeder Gegend, in die ich komme, wenigstens einen Geocache zu suchen und zu loggen.
Wer von euch bei geocaching.com registriert ist, muss nur nach GC5CH6V suchen, um zu sehen, wo ich heute war. 😀
PS: Übrigens habe ich in Erfurt selbst auch zwei Geocaches gelegt. Einer führt zu unserer Cyriak-Kapelle. Der andere ist ein Multi-Cache zu Meister Eckhart und zur Gotik in Erfurt. Da ich sie auch bei opencaching.de eingetragen habe, findest du sie auch, ohne registriert zu sein.