Auf einem Weg durch die Dörfer in Svanetien komme ich an einer unscheinbaren Kirche vorbei. Davon gibt es hier sehr viele. Jeder Clan hat nicht nur seinen Wohnturm, sondern eben auch seine kleine Kirche gebaut. In der Regel sehr schlicht.
Zwei Dinge erregen meine Aufmerksamkeit. Zum einen sehe ich den blassen Rest einer Wandmalerei an der Nordseite. Zum anderen ist die Kirche verschlossen. Das habe ich hier sonst nicht erlebt. Also frage ich drei oder vier Leute, bis ich einen finde, der weiß, in welchen Haus der Schlüssel ist. Dort klopfe ich an und die Familie schickt den ca. 10jährigen Sohn, der mir die Kirche aufschließt, sich davor setzt und ein Fußballspiel auf dem Handy schaut.
Was ich in der Kirche erlebe, ist unwerfend: ein ganzes Programm wunderbar erhaltener Fresken aus dem (wie ich inzwischen weiß) 14./15. Jahrhundert. Ich bin überwältigt und freue mich, dass der Junge sein Fußballspiel hat – so habe ich Zeit für den Genuss.
Tief unten in der Schlucht ist eine alte Einsiedelei. Sie hat schon bessere Tage gesehen. Etliche Mönche mögen hier gelebt haben. Platz ist genug.
Dann war sie verlassen. Jetzt lebt ein einsamer Mönch dort unten: Vater Hakow. Doch bevor ich ihn treffe, sehe ich am Eingang Arman. Er gehört zu einer Gruppe Männer, die gerade zu Reparatur-Arbeiten hier sind. An ihm komme ich nicht vorbei. “Komm Jungchen, iss erstmal was. Und sto gram (100 g) vom Selbstgebrannten müssen auch sein.” Ich kann ihn auf 50 Gramm von dem leckeren Wodka runterhandeln (will ja noch weiter) und es wird eine sehr nette Begegnung vor dem Eingangstor.
Drinnen treffe ich Vater Hakow, der dabei ist, sein Holz für den Winter zu machen. Der Winter, sagt er, sei die beste Zeit. Da kommt niemand hierher. Und, frage ich, ist es manchmal nicht auch schwer, wenn es dunkel und kalt ist, und er allein sei. “Allein bin ich nie. Ich bin mit Gott. Das ist besser als unter tausend Menschen.”
In Etschmiadsin bin ich Zeuge einer Taufe geworden. 3 Geschwister wurden getauft. Das geschah nicht durch Untertauchen, wie bei orthodoxen Kirchen durchaus üblich. Aber auch nicht durch Beträufeln wie bei uns. Es war gewissermaßen eine angedeutete Ganzkörper-Waschung: Hände, Arme, Gesicht, Nacken, Brust und die Beine (Hosen wurden hochgekrempelt) wurden mit dem Taufwasser benetzt und gewaschen. Es war bewegend, die drei Kinder dabei zu erleben.