Den Affen zähmen: Warum Du bei jeder Aufgabe zuerst das Schwierigste anpacken solltest

Abraham Teniers: Tabakskollegium von Affen

Stell Dir vor, Du willst einen Affen dazu bringen, auf einem Podest zu stehen und Shakespeare zu rezitieren. Was würdest Du zuerst tun? Würdest Du ein aufwändiges Podest bauen, das die Zuschauer beeindruckt, oder würdest Du Deine Zeit und Energie darauf verwenden, dem Affen die schwierige Aufgabe beizubringen? Die meisten Menschen neigen dazu, mit dem Bau des Podests zu beginnen – einer relativ einfachen Aufgabe, die schnell sichtbare Fortschritte zeigt. Doch wenn der Affe nie lernt, Shakespeare zu rezitieren, ist das Podest wertlos. Diese Geschichte, oft als „Affe auf dem Podest“ bezeichnet, dient als treffende Analogie für die Priorisierung von Aufgaben im Alltag und im Berufsleben.

Die zentrale Botschaft dieser Analogie ist klar: Konzentriere Dich zuerst auf die schwierigste und wichtigste Aufgabe. Diese Priorisierung stellt sicher, dass Deine Bemühungen nicht in einfachen, aber letztlich irrelevanten Tätigkeiten verpuffen. Die Verlockung, zuerst die „Low Hanging Fruits“ zu ernten, ist gross – diese kleinen Erfolge vermitteln ein trügerisches Gefühl von Fortschritt. Doch wahrer Fortschritt entsteht erst, wenn die wesentlichen, herausfordernden Aufgaben gelöst werden.

Im folgenden Beitrag tauche ich tiefer in dieses Prinzip ein und zeige auf, warum wir dazu neigen, mit einfachen Aufgaben zu beginnen, welche Gefahren das birgt und wie wir lernen können, zuerst den „Affen zu zähmen“.

Warum wir lieber Podeste bauen

Es liegt in unserer Natur, mit den einfachen Aufgaben zu beginnen. Diese sogenannten „Low Hanging Fruits“ sind verlockend, weil sie uns schnell das Gefühl von Fortschritt vermitteln. Doch warum neigen wir dazu, diese einfachen Aufgaben den schwierigeren vorzuziehen?

Der Mensch liebt es, kleine Erfolge zu feiern. Ein schneller Haken auf der To-do-Liste, ein kurzes Gefühl der Erleichterung – das sind psychologische Belohnungen, die uns antreiben. Wenn Du beispielsweise ein Projekt startest, ist es einfach, sich in den kleinen, organisatorischen Aufgaben zu verlieren: E-Mails schreiben, Ordner anlegen, den Schreibtisch aufräumen. Diese Aufgaben sind unkompliziert und vermitteln sofortige Befriedigung. Doch sie bringen Dich dem eigentlichen Ziel nicht näher [1].

Dieses Verhalten findet sich nicht nur im Alltag, sondern auch im Berufsleben. Unternehmen und Teams beginnen oft mit den leichtesten Aufgaben, um schnelle Fortschritte vorzuweisen. Das gibt den Beteiligten das Gefühl, produktiv zu sein und liefert sichtbare Ergebnisse, die Vorgesetzte beeindrucken. Doch diese Art des Fortschritts ist trügerisch. Ein Beispiel dafür ist der Start eines neuen Projekts, bei dem die ersten Schritte oft die einfachsten sind – wie das Einrichten eines Projektplans oder das Erstellen einer Präsentation. Diese Tätigkeiten sind wichtig, aber wenn sie zu lange im Vordergrund stehen, können sie von den wirklich kritischen Aufgaben ablenken [2].

Nehmen wir als Beispiel den Versuch, ein neues Produkt zu entwickeln. Die erste Versuchung ist es, das Design zu perfektionieren und eine ansprechende Verpackung zu gestalten. Das fühlt sich nach Fortschritt an und sieht gut aus. Doch das wahre Problem liegt darin, einen funktionierenden Prototyp des Produkts zu erstellen. Die Gefahr ist gross, dass sich die einfachen Herausforderungen als sinnlos erweisen, wenn das Produkt nicht überzeugt.

Dieses Phänomen, das sich in vielen Bereichen beobachten lässt, kann auch als „Podest bauen“ bezeichnet werden. Wir neigen dazu, uns auf die einfachen Aufgaben zu konzentrieren und diese als Fortschritt zu interpretieren. Doch ohne den Affen zu zähmen, bleibt das Podest wertlos. Es ist wichtig, sich dieser Tendenz bewusst zu werden und aktiv dagegen anzusteuern, um wirklichen Fortschritt zu erzielen [3].

Die Gefahr des Podests

Wenn Du Dich auf das Bauen des Podests konzentrierst, ohne den Affen zu zähmen, riskierst Du eine erhebliche Ressourcenverschwendung. Zeit, Geld und Energie werden in Aufgaben investiert, die letztlich wenig zum Erreichen des Hauptziels beitragen. Das Problem dabei ist, dass diese Ressourcen unwiederbringlich verloren gehen, wenn sich herausstellt, dass die Hauptaufgabe, der Affe, unlösbar ist.

Ein bekannter psychologischer Fallstrick, der dabei häufig auftritt, ist die sogenannte Sunk Cost Fallacy. Diese beschreibt die Tendenz, an einem Projekt festzuhalten, in das bereits erhebliche Ressourcen investiert wurden, obwohl die Erfolgsaussichten gering sind. Je mehr Du in das Podest investierst, desto schwieriger wird es, das Projekt aufzugeben, selbst wenn klar ist, dass der Affe nicht zu bändigen ist [4].

Ein eindrucksvolles Beispiel für die Gefahr des Podestbauens ist das California High-Speed Rail Projekt. Ursprünglich sollte eine Hochgeschwindigkeitsstrecke von San Francisco nach San Diego gebaut werden. Anstatt sich jedoch auf die schwierigen Streckenabschnitte durch die Berge zu konzentrieren, wurde zuerst mit dem Bau der einfacheren Strecken im Inland begonnen. Dies vermittelte zwar sichtbaren Fortschritt, führte jedoch dazu, dass enorme Ressourcen verschwendet wurden, bevor festgestellt wurde, dass die eigentlichen Herausforderungen noch ungelöst waren. Inzwischen hat sich das Budget vervierfacht und das Projekt ist weit hinter dem Zeitplan zurückgeblieben [1].

Die Gefahr des Podestbauens ist also real und kann verheerende Folgen haben. Es ist wichtig, diese Tendenz zu erkennen und bewusst dagegen anzugehen. Anstatt sich in einfachen Aufgaben zu verlieren, solltest Du Deine Energie auf die kritischen Herausforderungen konzentrieren. Dies bedeutet, den „Affenzähmungsprozess“ direkt anzugehen und bereit zu sein, Projekte frühzeitig zu beenden, wenn die Hauptaufgabe nicht lösbar scheint.

Das Vermeiden dieser Falle erfordert Mut und die Fähigkeit, rational zu bleiben. Es bedeutet auch, sich von der Illusion des Fortschritts zu lösen, die das Erledigen leichter Aufgaben bietet. Stattdessen musst Du Deine Ressourcen strategisch einsetzen und Dich auf die wirklich entscheidenden Aufgaben konzentrieren. Nur so kannst Du sicherstellen, dass Deine Bemühungen tatsächlich zum Erfolg führen [2][4].

Den Affen zähmen: So klappt es

Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, den Affen zu zähmen, bevor Du Dich um das Podest kümmerst. Das bedeutet, die schwierigste und wichtigste Aufgabe zuerst anzugehen. Hier sind einige Schritte und Tipps, wie Du das effektiv umsetzen kannst:

1. Identifiziere die schwierigste Aufgabe (Reverse Salient, Bottleneck): Der Begriff Reverse Salient stammt aus der Technikgeschichte und beschreibt einen Engpass, der den Fortschritt eines gesamten Systems behindert. Ähnlich wie ein Flaschenhals den Fluss einer Flüssigkeit verlangsamt, blockiert ein Reverse Salient den Fortschritt in einem Projekt oder einer Technologie. Im Kontext des Affen auf dem Podest bedeutet dies, dass die schwierigste Aufgabe, die den Fortschritt verhindert, zuerst angegangen werden muss. Ein praktisches Beispiel dafür ist die Entwicklung von Elektroautos. Während der Bau des Autos selbst relativ einfach ist, stellt die Entwicklung effizienter Batterien, die eine lange Reichweite ermöglichen, den eigentlichen Engpass dar [2].

2. Konzentriere Deine Ressourcen darauf, diese Aufgabe zuerst zu lösen: Nachdem Du die zentrale Herausforderung identifiziert hast, solltest Du Deine Ressourcen – Zeit, Geld, Energie – darauf fokussieren, diese Aufgabe zu bewältigen. Es kann verlockend sein, sich zunächst mit den leichteren Aufgaben zu beschäftigen, aber diese bieten nur den Anschein von Fortschritt. Setze Dir klare Ziele und Meilensteine für die Bewältigung der Hauptaufgabe und verfolge diese konsequent [3].

3. Scheue Dich nicht davor, ein Projekt aufzugeben: Ein wichtiger Aspekt beim Zähmen des Affen ist die Bereitschaft, ein Projekt aufzugeben, wenn sich herausstellt, dass die Hauptaufgabe nicht lösbar ist. Dies erfordert Mut und Rationalität, da es oft schwerfällt, ein Projekt zu beenden, in das bereits viel investiert wurde. Doch durch das frühzeitige Erkennen von Fehlschlägen kannst Du wertvolle Ressourcen sparen und sie in erfolgversprechendere Projekte investieren [5].

4. Konkrete Tipps für die Priorisierung von Aufgaben im Alltag und Beruf: Hier sind einige praktische Tipps, wie Du diese Prinzipien im Alltag und im Berufsleben anwenden kannst:

Durch die konsequente Anwendung dieser Schritte kannst Du sicherstellen, dass Deine Bemühungen nicht in unwichtigen Aufgaben versanden, sondern gezielt auf das Erreichen Deiner Hauptziele ausgerichtet sind. Den Affen zu zähmen ist zwar herausfordernd, aber es ist der einzige Weg, um echten und nachhaltigen Fortschritt zu erzielen.

Der Wert des Scheiterns

In einer Kultur, die Erfolg über alles stellt, kann Scheitern als das schlimmste aller Übel erscheinen. Doch das Zähmen des Affen zeigt, dass das frühzeitige Erkennen und Eingestehen von Fehlern nicht nur unvermeidlich, sondern auch wertvoll ist. Scheitern ist kein Misserfolg, sondern eine Gelegenheit, aus Fehlern zu lernen und Ressourcen effektiver einzusetzen.

Unternehmen wie X Development (früher Google X) haben eine Kultur entwickelt, die das Scheitern als Teil des Prozesses akzeptiert und sogar fördert. Astro Teller, der Leiter von X Development, betont immer wieder die Wichtigkeit des Scheiterns. Seine Teams sind darauf ausgerichtet, Prototypen zu brechen und ihre Ideen zu testen, um so schnell wie möglich herauszufinden, ob sie funktionieren. Diese Einstellung hilft, wertvolle Ressourcen zu sparen und sich auf Projekte zu konzentrieren, die wirklich Erfolg versprechen [5].

Ein konkretes Beispiel ist das Foghorn-Projekt, das darauf abzielte, Seewasser in kohlenstoffneutralen Treibstoff umzuwandeln. Das Team von Foghorn begann sofort mit der schwierigsten Aufgabe: herauszufinden, ob der Treibstoff kostengünstig produziert werden konnte. Als sich herausstellte, dass dies nicht möglich war, wurde das Projekt eingestellt, um Ressourcen für erfolgversprechendere Projekte freizugeben [1].

Eine Unternehmenskultur, die das Scheitern akzeptiert, ermöglicht es Teams und Einzelpersonen, Risiken einzugehen und innovative Lösungen zu finden. Wenn Du den schwierigsten Aufgaben Vorrang gibst, kannst Du schneller erkennen, ob ein Projekt überhaupt machbar ist. Dies minimiert das Risiko, wertvolle Ressourcen auf nicht realisierbare Projekte zu verschwenden.

Für Dich bedeutet dies, eine Einstellung zu entwickeln, die das Scheitern als Teil des Lernprozesses akzeptiert. Wenn Du erkennst, dass eine Aufgabe unlösbar ist, sei bereit, dies einzugestehen und Deine Bemühungen auf andere, erfolgversprechendere Projekte zu konzentrieren. Dies erfordert Mut und die Fähigkeit, rational zu bleiben, aber es ist der Schlüssel zu langfristigem Erfolg.

Durch das frühzeitige Scheitern lernst Du schnell, welche Ansätze funktionieren und welche nicht. Dies ermöglicht es Dir, Deine Strategie anzupassen und effektivere Wege zu finden, Deine Ziele zu erreichen. Das Zähmen des Affen hilft also nicht nur dabei, die grössten Herausforderungen zu meistern, sondern auch dabei, unnötige Ressourcenverschwendung zu vermeiden und #Lernen und Innovation als Kultur zu fördern.

Fazit

Das Konzept des „Affens auf dem Podest“ bietet eine wertvolle Perspektive auf die Priorisierung von Aufgaben. Es fordert Dich auf, Dich zuerst den schwierigsten und wichtigsten Herausforderungen zu stellen, anstatt Deine Ressourcen auf einfache, aber letztlich unbedeutende Aufgaben zu verschwenden. Diese Priorisierung hilft Dir, echten Fortschritt zu erzielen und Deine Ziele effektiver zu erreichen.

Indem Du den Affen zuerst zähmst, kannst Du sicherstellen, dass Deine Bemühungen nicht in Scheinfortschritt verpuffen. Es bedeutet, mutig und rational zu sein, bereit zu sein, Projekte aufzugeben, die keine Aussicht auf Erfolg haben, und aus Fehlern zu lernen. Eine Kultur, die das Scheitern akzeptiert und als Lernmöglichkeit betrachtet, ist unerlässlich für nachhaltigen Erfolg und Innovation.

Zusammenfassung

Addendum: Was sagt die Wissenschaft?

Die Idee, zuerst die schwierigsten Aufgaben zu priorisieren, wird von mehreren Studien unterstützt, die zeigen, dass diese Herangehensweise langfristig effizienter ist:

  1. Effektivität von Task-Priorisierung: Eine Studie zur Priorisierung von Aufgaben in der Softwareentwicklung zeigt, dass eine umfassende Betrachtung des Backlogs bei der Priorisierung der Aufgaben zu besseren Ergebnissen führt. Durch die Verwendung eines Modells, das alle Aufgaben berücksichtigt, können genauere Prioritätsvorhersagen gemacht werden (Bugayenko et al., 2023).

  2. Suboptimale Priorisierung: Eine Untersuchung zeigte, dass Menschen oft suboptimale Entscheidungen treffen, wenn sie zwei gleich schwierige Aufgaben priorisieren müssen. Wenn jedoch eine Aufgabe schwieriger ist, tendieren sie dazu, diese effizienter zu priorisieren, was zu besseren Ergebnissen führt (James et al., 2020).

  3. Psychologische Aspekte der Priorisierung: Eine Studie über die Priorisierung von Softwareentwicklungsaufgaben hebt hervor, dass Entwickler oft einfachere Aufgaben priorisieren, wenn sie unter Zeitdruck stehen. Dies führt zu ineffizienter Ressourcennutzung (Dierynck & Peters, 2021).


Quellen [1] https://www.upworthy.com/tackle-the-monkey-first-the-simple-way-geniuses-approach-big-tasks [2] https://www.annieduke.com/newsletter-monkeys-and-pedestals-find-the-bottleneck-and-solve-for-that-first/ [3] https://www.inc.com/jeff-haden/why-most-successful-people-always-solve-for-monkey-first.html [4] https://stevebizblog.com/why-is-the-monkey-and-the-pedestal-story-so-important/ [5] https://blog.x.company/tackle-the-monkey-first-90fd6223e04d

Bildquelle Abraham Teniers (1629–1670): Tabakskollegium van apen, Kunsthistorisches Museum Wien, Public Domain. Es handelt sich um ein Gemälde der Gattung der Singerie (frz. „Affentrick“), in der Affen dargestellt werden, die menschliches Verhalten nachahmen.

Disclaimer Teile dieses Texts wurden mit Deepl Write (Korrektorat und Lektorat) überarbeitet. Für die Recherche in den erwähnten Werken und in meinen Notizen wurde NotebookLM von Google verwendet. Die im Addendum genannten drei Studien wurden mit der KI-Suchmaschine consenus.app gefunden.

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