Warum es an der Zeit ist, die Kunst des Briefeschreibens wiederzuentdecken
Heute dominiert die digitale Kommunikation und Nachrichten werden innerhalb von Sekunden versendet. Da geraten Dinge wie das Briefeschreiben beinahe in Vergessenheit. Dennoch birgt das Schreiben mit Stift auf Papier einige Vorteile. Dieser Akt ermöglicht eine tiefere Reflexion und eröffnet einzigartige Wege des Denkens. Obwohl das Briefeschreiben früher alltäglich war, bietet es heute eine willkommene Abwechslung zur Hektik des digitalen Zeitalters und fördert eine intensivere und bedeutsamere Interaktion mit unseren Mitmenschen. Im Folgenden möchte ich drei Vorteile des Briefeschreibens hervorheben, die sich auf aktuelle Studien stützen und die Bedeutung dieser traditionellen Kommunikationsform unterstreichen.
Die achtsame Geste des Briefeschreibens
Ein Brief bietet einen privaten Raum, in dem Gedanken ausgedrückt werden können, die in persönlichen Gesprächen oder auf sozialen Medien oft keinen Platz finden. Das Schreiben von Briefen ist kein blosser Austausch, sondern eine geteilte Erfahrung, die signalisiert: „Hier ist etwas Besonderes zwischen Dir und mir.“
Während Freundschaften in sozialen Medien oft nebenbei und im Multitasking-Modus gepflegt werden, erfordert das Schreiben von Briefen eine ungeteilte Aufmerksamkeit. Dieser Prozess lädt dazu ein, innezuhalten, nachzudenken, Fragen zu stellen und Bedeutung zu finden. Das Schreiben von Briefen ist eine Handlung der Absicht und des Nachdenkens, die die Sorgfalt, die in sie investiert wurden, deutlich macht.
Besonders für Menschen, die Schwierigkeiten haben, sich vollständig auszudrücken – sei es aufgrund sozialer Ängste oder der Furcht vor Ablehnung – ist ein handgeschriebener Brief ein nützliches und effektives Mittel, um ihre Gefühle präzise zu kommunizieren. Eine Studie, die im Personality and Social Psychology Bulletin veröffentlicht wurde [1], zeigt, dass das Engagement in schriftlicher emotionaler Ausdrucksweise Menschen dabei helfen kann, Stress zu bewältigen und negative Emotionen zu reduzieren.
Briefe als Ausdruck unausgesprochener Gedanken
Nicht ausgesprochene Themen – sei es aufgrund ungelöster Streitigkeiten, unausgedrückter Gefühle oder nicht artikulierter Gedanken – können Stress und Grübeleien auslösen. Das Ansprechen dieser unausgesprochenen Empfindungen bringt nicht nur uns näher zu unseren Nächsten, sondern fördert auch die Selbsterkenntnis.
Besonders in Zeiten von Verlust und Trauer bietet das Briefeschreiben eine Möglichkeit zur emotionalen Verarbeitung. Ob es sich um den Verlust eines geliebten Menschen oder die Trauer über eine Trennung handelt, Briefe schaffen einen Raum für Reflexion und emotionales Loslassen.
Das Schreiben von Briefen über schwierige Themen wie belastende Ereignisse oder traumatische Erlebnisse kann erheblich zur emotionalen und physischen Gesundheit beitragen. Eine im Journal of Health Psychology veröffentlichte Studie [2] fand heraus, dass das Schreiben über belastende oder traumatische Erfahrungen positive Erwartungen weckt und mit einer reduzierten emotionalen Belastung sowie weniger körperlichen Symptomen verbunden ist. Das Schreiben verleiht emotionalen Erlebnissen mehr Bedeutung und schafft positive Erwartungen hinsichtlich der eigenen Gefühlslage.
Der emotionale Wert handgeschriebener Briefe
Stell Dir vor, Du gehst Deine Post durch und entdeckst zwischen Rechnungen und Werbung plötzlich einen handgeschriebenen Brief von einem geliebten Menschen. Diese Überraschung erfüllt Dich mit Freude und Dankbarkeit, denn jemand hat sich die Zeit genommen, Dir zu schreiben. Während digitale Nachrichten leicht im täglichen Informationsfluss untergehen können, bleibt ein physischer Brief als greifbares Zeichen der Zuneigung bestehen. Er kann immer wieder zur Hand genommen und als Erinnerung daran genutzt werden, dass Du und Deine Beziehungen von Bedeutung sind.
Laut einer 2020 veröffentlichten Studie [3] des United States Postal Service (USPS) gaben 65 % der Befragten an, dass das Erhalten eines handgeschriebenen Briefes ihre Stimmung hebt. Etwa 67 % der Befragten sagten, dass sie selbst bereits Briefe verschickt haben oder bereit sind, dies zu tun, um Familie und Freunde zu erfreuen.
Ein handgeschriebener Brief sticht aus der Masse der digitalen Kommunikation heraus und bietet einen persönlichen, emotionalen Wert, der nicht so leicht verloren geht. Briefe dienen als greifbare Erinnerungen an die Zuneigung und Wertschätzung, die in unsere Beziehungen investiert werden, und können über Jahre hinweg aufbewahrt und geschätzt werden.
Zusammenfassung
- Intention und bewusste Handlung: Das Schreiben von Briefen erfordert ungeteilte Aufmerksamkeit und ermöglicht eine tiefere, reflektierte Kommunikation, die digitale Medien nicht bieten können.
- Plattform für unausgesprochene Gedanken: Briefe bieten einen Raum, um unausgesprochene Gefühle und Gedanken zu artikulieren, was zur emotionalen Verarbeitung und Selbstverständnis beiträgt.
- Emotionale und physische Gesundheitsvorteile: Das Schreiben über belastende Erlebnisse kann zu einer verbesserten emotionalen und physischen Gesundheit führen, indem es Stress reduziert und positive Erwartungen weckt.
- Bedeutung in der digitalen Ära: Trotz der Vorherrschaft digitaler Kommunikation bietet das Briefeschreiben eine bedeutungsvolle Alternative, die persönliche Verbindungen stärkt und emotional bereichert.
- Ähnliches gilt für das Tagebuchschreiben: Natürlich muss man sich nicht immer anderen mitteilen. Man kann sich auch selbst einen Brief schreiben oder – was sehr zu empfehlen ist – ein Tagebuch führen.
Und wann hast Du das letzte Mal einen Brief von Hand geschrieben?
Fussnoten [1] https://doi.org/10.1177/0146167204271556 [2] https://psycnet.apa.org/doi/10.1037/0278-6133.26.2.174 [3] https://postalpro.usps.com/market-research/covid-mail-attitudes
Bildquellen 1. cottonbro studio auf Pexels.
Disclaimer Teile dieses Texts wurden mit Deepl Write (Korrektorat und Lektorat) überarbeitet.
Topic #Erwachsenenbildung