Mit einigem Kraftaufwand haben wir in diesem Jahr organisiert, dass die Predigerkirche während des Weihnachtsmarktes in Erfurt (fast) jeden Tag ein paar Stunden offen steht. Ehrenamtliche setzen ihre Zeit dafür ein. Dabei ist die Beleuchtung gerade kaputt. Ungeheizt ist sie eh immer.
Es ist bewegend zu sehen, wie hunderte Menschen in die kärglich aber stimmungsvoll beleuchtete Kirche kommen. Es rührt mich an, wie viele eine Kerze entzünden und dabei sicher an Menschen denken, die ihnen wichtig sind. Oder an die Situation in dieser Welt.
Es ist wie ein Gegengewicht zum Glühwein und zum Langos-Stand neben dem Riesenrad auf dem Domplatz. Etwas, was die Seele anspricht, vielleicht etwas empfänglicher macht für das Göttliche in dieser Zeit.
Ich weiß, wie wichtig mir selbst offene Kirchen sind, wenn ich unterwegs bin. Orte der Besinnung. Manchmal einfach Orte zum Ausruhen. Oft auch Orte für das Schöne und das Stille im Hintergrund der Welt. Ich bin dann meist sehr dankbar: denen, die sie offen halten, denen, die sich die Mühe gemacht haben, sie zu erbauen. Und dankbar Gott gegenüber...
Eigentlich liebe ich sie seit meiner Kindheit: die Adventskalender. Jedes Jahr hatte ich einen. Mit einfachen Bildchen. Einmal war auch Schokolade drin. Der war ein Geschenk aus den Westen.
Ich mag solche Rituale: jeden Tag einen kleinen Text schreiben (wie diesen hier), 365 Postkarten mit je einem Gedicht verschicken (selbstgestaltet), jeden Morgen zur festen Zeit auf dem Altarplatz zum Morgengebet...
Und doch geht mir die Flut der Adventskalender mehr und mehr auf den Geist. Allein drei hängen oder stehen im Wohnzimmer und da haben wir schon reduziert. Online ist es schwer, an den vielen Links vorbeizukommen. Dazu die Schaufenster. Adventskalender mit Digital-Tipps, Kosmetik, Tee, Sonderangeboten, Schokolade... Da geht es wohl weniger ums Warten auf das Fest, oder?
Eine Freundin hat uns wie jedes Jahr einen zauberhaften, selbst gestalteten Adventskalender geschickt. Jeden Tag ein Bild. Jedes Bild verweist auf ein Adventslied. Ich freue mich jeden Morgen und summe leise vor mich hin..
Nach vielen Jahren Pause höre ich jeden Morgen mal wieder das Hörspiel zum Buch “Das Weihnachtsgeheimnis” von Jostein Gaarder und freue mich an den 24 Kapiteln dieser wunderbaren Geschichte. Einer Freundin, die es abends hört, schicke ich dabei täglich ein zur Folge passendes Foto, das ich im Netz suche. So hat sie tagsüber etwas zum Grübeln und ich fühle mich verbunden.
“Jetzt, zu Weihnachten...”, so höre ich dieser Tage immer öfter in verschiedenen Variationen. Wie schade, dass das eigentliche Gepräge des #Advent so sehr verloren gegangen ist: Warten.
Warten auf etwas Großes. Darauf, dass sich die Himmel öffnen: “O Heiland reiß die Himmel auf!” Warten mit Sehnsucht. Und auch etwas mit Bangen. Warten auf die Begegnung mit Gott.
Wenn es doch wenigstens das Warten auf Weihnachten wäre und nicht seine Vorwegnahme...
Unvorstellbar, dass einer bei der Nationalen Volksarmee auf seiner Spind-Tür ein Plakat mit einem religösen Motiv hatte. So etwas hatte in einer sozialistischen Armee nichsts zu suchen. Dann schon eher knapp bekleidete Damen. Aber ein Jesus-Bild? Unter keinen Umständen!
Dennoch hatte ich ein reliöses Plakat dort hängen, anderthalb Jahre lang. Das war mir wichtig. Es war ein Foto mit der Skulptur einer Madonna mit Jesus-Kind. Eine Holz-Skulptur in den typischen Formen, wie sie Friedrich Press in den 70er Jahren geschaffen hatte. Mich als Jugendlichen faszinierten diese Figuren. In ihrer Schlichtheit. Und in der Klarheit ihrer Botschaft.
Das tun sie bis heute. Wenn ich darauf schaue, wird mir ganz warm ums Herz. Und ich ahne etwas davon, wie schlicht und klar der #Advent sein könnte.
Und dass die Vorgesetzten damals in diesem eigenartigen Holz kein religiöses Motiv erkennen konnten, war ein willkommener Nebeneffekt....
Heute ist der letzte Tag im #Advent. Für mich war es heuer eine besondere Zeit. Ich habe Jacob Böhme gelesen und Meister Eckhart und Gedichte aus der Sammlung “Das leuchtende Buch”.
Jeden Tag mit geistlichen Gedanken. Oft war es ein Wandern in einer anderen Welt als den Rest des Tages. Oft war es mehr ein Ahnen als ein Verstehen. Und doch hat es hineingestrahlt, nicht selten bis zum Abend. Dafür bin ich dankbar.
Ich gehe durch die Stadt und höre Sätze wie “Schade, dass Weihnachten schon vorbei ist.” oder “In diesem Jahr war die Weihnachtszeit...”
Ich genieße den Ausklang einer ruhigen und geistlich gefüllten Advents-Zeit und bin froh, dass Weihnachten erst beginnen wird. Wie gut war das Fasten, das Morgengebet, die Lektüre, dieser Blog... Zeit der Bereitung.
Und dann, 25.12., Fest der Geburt Christi
Jacob Biazza hat in der SZ geschrieben: “Es gibt Untersuchungen, denen zufolge die Zukunft für die Identität eines Menschen etwa genauso wichtig ist wie seine Vergangenheit. Vorstellungen davon, was man sein könnte, beeinflussen das Selbstverständnis also ebenso wie das, was man tatsächlich erlebt hat. Man wird zu dem, was man denkt.” Und er hat geschrieben, dass es Geschichten braucht von einer positiven Zukunft, um der persönlichen und gesellschaftlichen Depression zu entgehen.
Diese Geschichten haben wir doch in der Kirche. Der Glaube ist doch genau das: Die Geschichte einer positiven Zukunft. Einer Zukunft, auf die wir nicht mal warten warten müssen. Die auf uns zukommt. Die manchmal schon da ist. Einer Geschichte vom Heil.
So werden wir es singen, heute, am Zweiten #Advent: “O Heiland reiß die Himmel auf!” Und ich sehe den Himmel offen. Und ich sehe eine Zukunft anbrechen, in der Gott seine Hütte bei den Menschen hat, wie es die Bibel sagt. In der Poitiker nicht mehr mit Angst punkten, in der wir im Grünen sitzen und nicht zwischen Autos. In der ich dir gern begegne... Lasst uns diese Geschichten erzählen!
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Heute ist Sonntag. Der Vierte Advent.
Und es ist der 24.12. – Heilig Abend.
Ich freue mich, wenn der Vierte Advent nicht schon im Weihnachtstrubel untergeht.
Die Weihnachtsbäume stehen seit Wochen. Auf den Marktplätzen ist schon kurz nach Totensonntag “stille Nacht” mit viel Lärm und “ein Kind geboren”. Wann ist denn nun Weihnachten?