Kleine Veränderungen mit grosser Wirkung: Das EAST-Framework

Friedrich: Zwei Männer in Betrachtung des Mondes

Was bringt Menschen dazu, ihr Verhalten zu ändern? Wie lässt sich #Lernen fördern, ohne moralischen Zeigefinger? Und wie können wir in Coachingprozessen wirkungsvolle Impulse setzen – ohne komplexe Theorien zu bemühen? In meiner Arbeit als Dozent und Coach bin ich immer wieder auf der Suche nach einfachen, fundierten und praxistauglichen Ansätzen. Einer dieser Ansätze begleitet mich inzwischen seit einiger Zeit: das EAST-Framework.

EAST steht für Easy, Attractive, Social, Timely. Diese vier Begriffe fassen zentrale Prinzipien der Verhaltenswissenschaft in einer klaren, handlungsleitenden Struktur zusammen. Das Framework wurde 2014 vom Behavioural Insights Team (BIT) entwickelt – einem Spin-off der britischen Regierung – und hat sich seither in hunderten Projekten im öffentlichen und privaten Sektor bewährt. Ich nutze EAST im Unterricht, in Coachings und nicht zuletzt auch für mich selbst. Warum es so gut funktioniert – und wie Du es in Deinen eigenen Kontexten einsetzen kannst –, möchte ich Dir im Folgenden zeigen. Meine Ausführungen basieren auf dem offiziellen, überarbeiteten EAST Guide von 2024.

Was ist EAST?

Das EAST-Framework basiert auf der Idee, dass menschliches Verhalten systematisch veränderbar ist – wenn man versteht, wie Menschen Entscheidungen treffen. Anders als traditionelle Modelle der Motivation geht EAST davon aus, dass Verhalten stark durch das Umfeld, durch Routinen und durch soziale Einbettung geprägt ist.

Die vier Prinzipien lauten:

Diese vier Prinzipien lassen sich als Checkliste verwenden: Ist das Verhalten, das ich fördern will, einfach, attraktiv, sozial eingebettet und zum richtigen Zeitpunkt adressiert? Wenn nicht – wo kann ich ansetzen? Die Stärke des Modells liegt darin, dass es zugleich intuitiv und wissenschaftlich fundiert ist. Und: Es lässt sich sofort anwenden.

Das EAST-Framework

Die Geschichte von EAST

EAST entstand aus einem konkreten Bedürfnis: Die britische Regierung wollte öffentliche Dienstleistungen verbessern, ohne neue Gesetze oder grosse Budgets einsetzen zu müssen. Stattdessen sollten psychologische Erkenntnisse genutzt werden, um bestehende Prozesse wirksamer zu gestalten. Das Behavioural Insights Team entwickelte zunächst komplexe Modelle, die später auf das Wesentliche reduziert wurden – das Framework EAST.

Ein Beispiel: In Grossbritannien wurde die Anmeldung zur staatlichen Altersvorsorge auf ein opt-out-System umgestellt. Statt sich aktiv einschreiben zu müssen, waren alle automatisch dabei – wer nicht wollte, musste sich abmelden. Dieses einfache Default-Setting führte dazu, dass sich Millionen mehr Menschen beteiligten, vor allem in sozial benachteiligten Gruppen (Guide S. 9f.). Ähnliche Effekte konnten in der Schweiz beobachtet werden, als Energieversorger den Wechsel zu Ökostrom zur Standardoption machten (Guide S. 11).

Seit seiner Veröffentlichung steht das Framework unter einer Creative-Commons-Lizenz (CC BY-NC-SA 4.0) zur freien Nutzung und Weiterentwicklung zur Verfügung – ein wichtiger Aspekt, insbesondere für den Bildungs- und Coachingbereich.

EAST im Team: Verhalten gestalten statt verordnen

In der Arbeit mit Teams – sei es in der Weiterbildung oder Organisationsentwicklung – zeigt sich immer wieder: Verhalten lässt sich nicht durch Appelle verändern, sondern durch Rahmenbedingungen. EAST bietet hierfür einen differenzierten, aber leicht verständlichen Ansatz.

In der Praxis bedeutet das etwa:

In Workshops nutze ich das EAST-Framework als strukturierende Denkhilfe, um mit Gruppen Interventionen zu entwerfen oder bestehende Prozesse zu analysieren. Besonders hilfreich ist dabei die systematische Perspektive auf die vier Hebel: Was macht es schwer, das Gewünschte zu tun – und wie können wir es leichter machen? Was spricht Menschen an? Welche sozialen Dynamiken wirken? Und wann ist der richtige Moment für einen Impuls?

EAST als Werkzeug im Selbstcoaching und beim Aufbau von Gewohnheiten

EAST funktioniert nicht nur im Gruppenkontext. Auch im #Selbstmanagement entfaltet das Modell Wirkung – besonders beim Aufbau neuer #Habits. In diesem Kontext hat sich für mich folgendes Vorgehen bewährt:

Was EAST dabei besonders wertvoll macht: Es verschiebt die Perspektive weg vom „inneren Schweinehund“ hin zur Gestaltung der Umgebung. Wer aufhört, sich selbst zu pathologisieren, und stattdessen beginnt, sein Umfeld strategisch zu gestalten, kommt oft deutlich schneller ans Ziel und kann Habits dauerhaft verankern.

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EAST im Einzel- und Teamcoaching

Auch im #Coaching eignet sich EAST hervorragend, um Veränderungsprozesse konkret und lösungsorientiert zu begleiten. Ich nutze das Framework regelmässig, wenn Klientinnen und Klienten mit Anliegen zu mir kommen wie:

EAST hilft dabei, diese Anliegen in handhabbare Fragen zu übersetzen:

  1. Was wäre eine kleine Änderung, die es Dir einfacher macht?
  2. Wie könnte Dein Ziel attraktiver gestaltet sein – in der Darstellung, in der Wahrnehmung?
  3. Wer tut das schon – und wie könntest Du Dich mit diesen Menschen verbinden (social)?
  4. Wann wäre ein guter Moment für einen ersten Schritt (timely)?

In Teamcoachings ist EAST zudem hilfreich, um Spannungsfelder zu analysieren: Wo besteht eine Diskrepanz zwischen gewünschtem Verhalten und tatsächlichen Handlungsanreizen? Wo erzeugen Prozesse unbeabsichtigt Reibung? EAST sensibilisiert für solche „Verhaltensarchitekturen“ – und eröffnet pragmatische Wege zur Veränderung.

Grenzen und ethische Fragen

So hilfreich EAST auch ist: Das Modell ist kein Allheilmittel. Verhalten ist komplex, Kontext entscheidend. Was in einem Team funktioniert, kann in einem anderen kontraproduktiv sein. Die Autoren des Frameworks selbst warnen daher vor zu strikter Anwendung – jede Intervention sollte getestet und kontextualisiert werden (Guide S. 6).

Zudem ist EAST in der Tradition des Nudging verankert – also der sanften Lenkung von Verhalten. Das wirft ethische Fragen auf: Wer entscheidet, was „wünschenswertes Verhalten“ ist? Und wann kippt eine Intervention in Manipulation? Auch hier gilt: Transparenz, Mitgestaltung und Feedbackschleifen sind zentrale Qualitätskriterien für den Einsatz in #Bildung und Coaching.

Fazit

Ich nutze EAST nicht, weil es gerade angesagt ist – sondern weil es wirkt. Es ist ein Werkzeugkasten, kein Dogma. Ein Modell, das hilft, Verhalten zu verstehen und gezielt zu beeinflussen – ob im Unterricht, in der Teamentwicklung oder in der persönlichen Selbststeuerung.

Und: Es ist offen zugänglich. Das Framework steht unter einer Creative-Commons-Lizenz. Vielleicht ist das der grösste Wert von EAST – es ist nicht nur ein Modell über Verhalten, sondern auch ein Modell für Kooperation und Wissensweitergabe.

Wenn Du also das nächste Mal vor der Frage stehst, wie Du bei Dir oder anderen Veränderung ermöglichen kannst, erinnere Dich an diese vier einfachen Prinzipien: Easy. Attractive. Social. Timely.

Manchmal sind es gerade die einfachen Dinge, die nachhaltig wirken.


Bildquelle Caspar David Friedrich (1774–1840): Zwei Männer in Betrachtung des Mondes, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Public Domain.

Disclaimer Teile dieses Texts wurden mit Deepl Write (Korrektorat und Lektorat) überarbeitet. Für die Recherche in den erwähnten Werken/Quellen und in meinen Notizen wurde NotebookLM von Google verwendet. Die Illustrationen im Beitrag wurden mit NapkinAI erstellt.

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