Es hat mich begeistert: das Musical Anatevka. Es war ein großartiger Abend, an dem auf den Domstufen zu Erfurt der kleine ost-jüdische Ort zum Leben erwachte und Tewje seine letzlich doch so traurige Geschichte erzählte. Dazu die Musik, die mich tief berührt hat.
Wieder zu Hause habe ich den Roman von Scholem Alejchem gefunden. Die schöne Ausgabe mit den Bildern von Anatoli Kaplan, die seit 1984 bei uns im Regal steht. (Damals 32,– Mark, was für ein Buch in der DDR ein horrender Preis war.) Und nun, nachdem ich das Buch neu gelesen habe, kommt es mir vor wie ein tiefer, lebendiger See. Und das Musical wie ein seichter Teich – so schön es auch ist. Also meine Empfehlung: Lest (auch) das Buch.
Diese Welt der Ostjuden. Was könnten wir bis heute davon haben, wenn sie nicht schon damals in Russland und dann 35 Jahre später vollends von den völkisch verblendeten Deutschen zerstört worden wäre... Wie viele Menschen!
War voll von Liebe und war voll Vertraun
und Wärme war um ihn und war viel Zeit.
So konnte er sich große Flügel baun,
und alles in ihm war ihm unendlich weit.
So war es schließlich möglich, dass er flog,
die Erde ließ er unter sich zurück.
Bis man die Wärme von ihm nahm und ihn belog,
da blieb vom Ganzen in ihm nur ein Stück.
So fiel er nieder, stürzte und zerbrach.
Wer sagt, er wäre nie geflogen, lügt.
Man trug ihm die zerbrochnen Flügel nach,
und jeder weiß, dass er nie wieder fliegt.
Bettina Wegner
Ich werde nie den Abend vergessen, an dem ich in Dresden mit vielleicht 17 Jahren zu einem Konzert ging, ohne zu wissen, was da eigentlich auf mich zukommt. Ich erlebte dann Bettina Wegner bei ihrem letzten Nicht-Kirchen-Konzert in Dresden. Und ich ging als anderer, gestärkter Mensch wieder heim. so hatte ich das noch nie erlebt.
Bettina Wegner gehörte immer zu den wirklich Großen meiner Jugend, auch wenn ich sie nie wieder live erlebt habe. Wir brauchten damals Kraft, um in der DDR aufrecht zu bleiben. Ihre Lieder waren Kraft-Quellen für mich (und für einige meiner Freund*innen).
Jeht habe ich den Dok-Film “Bettina“ gesehen, der mir alles wieder ganz nah gebracht hat...
Babylon, Iran, Japan, Sudan... Zum Beispiel im British Museum in London gibt es tonnenweise unermessliche Schätze aus aller Welt. Ich bin fasziniert. Eine kleine Figur aus Boetien ( 5. Jahrhundert v. Chr.) hat es mir besonders angetan: Mutter und Baby. Welche Schönheit!
Und ich stelle mir vor: Wie viel Krieg, Kolonialismus, Räuberei stehen dahinter, dass diese Schätze jetzt in Europa zu sehen sind? Provenienzforschung steht erst am Anfang. Führt sie dazu, dass die großen Museen sich leeren und die Schätze vor Ort zu sehen sein werden?
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