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from Advent-Gedanken

Für #MeisterEckhart ist ganz klar: Wenn du dich Gott überlässt, so ist alles, was dir geschieht das beste für dich, sei es Armut und Leiden. Auch wenn du keine Innerlichkeit und Andacht fühlst: Es ist das beste, denn es ist dir von Gott zugedacht. “Mag es auch sein, dass doch etwas anderes besser scheine, so wäre es für dich doch nicht so gut; denn Gott will eben diese Weise und nicht eine andere, und diese Weise muß notwendig für dich die beste Weise sein.

Ich kämfe damit.

Einerseits: Ja, der Friede kommt damit, dass ich mich fallen lasse in das Göttliche und nicht zage mit dem, was ist.

Andererseits: Soll ich mich wirklich abfinden mit all dem Leiden?Mit der Ungerechtigkeit? Ist innerer Friede wirklich genug? Sicher nicht. Ich will Allmacht Gottes nicht so verstehen, als sei alles, was ist, der Wille Gottes. Dazu ist viel zu viel, was der Liebe widerstrebt...

 
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from Hannes

5.12. 2024 Allerlei Ja liebe Leser, seit dem ich das Katzenpärchen zu Hause habe, bleibt für nicht mehr so viel Zeit Blogs zu schreiben, aber das ist nur vorübergehend. Die Katzen müssen erst die neue Umgebung kennen lernen. Teilweise haben sich nach 8 Tagen gewöhnt. Der Kater heiß Oglum und die Mieze Boniack Der Kater ist inzwischen etwas zahmer geworden und sucht immer noch sein Frauchen, wo er lange bei ihr war und die Mieze läuft hinter mir her und möchte gekrault werden. Man muss das Futter testen, was die Katzen gerne fressen, weil sie woanders verwöhnt wurden. Seit Wochen bin ich daran, den Korridor mit braunen Papierklebeband zu tapezieren. Die Wände werden von oben nach unten doppelt beklebt. Ein Klebeband ist 5 cm breit, da könnt ihr euch vorstellen, wieviel Rollen darauf gehen. Eine Rolle hat etwa 40m Band drauf. Aber es sieht gut aus und und ein Schönes mittelbraun. Bis jetzt habe ich 14 Rollen verbraucht, da war auch noch ein Teil der Küche dran. Nun, morgen ist Nikolaus und am Nachmittag bin ich beim Friseur und lasse meine Haare nachfärben und schneiden. Nebenher hatte ich viele Haushaltarbeiten zu erledigen, alles was einem so einfällt.

 
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from Chronik des laufenden Wahnsinns

Pink Floyd und Helmut Kohl

Ich bin 15 und es ist noch kein Tag seit meiner Geburt vergangen, an dem Helmut Kohl nicht Bundeskanzler war. Das „Argument“ eines Mitschülers aus der Grundschule hat sich bei mir eingebrannt: Bundeskanzler und Kohl – das gehört einfach zusammen, auf Bundeskanzler folgt Kohl, das sei ja wohl klar. Für mich ist damals klar: Kohl muss weg! Das war schon in meiner Kindheit die von meinen Eltern kritiklos übernommene politische Meinung.

Auf einem alten der Familie meiner Mutter aus den 1970ern in Monheim am Rhein prangt ein großer, roter Aufkleber: SPD, was sonst? Einmal fragte ich meinen Vater, ich war noch sehr klein: „Über Helmut Kohl werden im Fernsehen ständig Witze gemacht, gerade wieder. Ich frage mich: Wer wählt den denn überhaupt noch?” Mein Vater überlegte kurz, antwortete dann: „Die, die die Witze nicht verstehen.”

Die Aussicht auf Rot-Grün machte mir mit 15 Hoffnung. Es sind die Parteien, die meine Eltern immer wählten: Meist Erststimme SPD, Zweitstimme Grüne. Einmal, als ich meinem Vater bei der Bundestagswahl 1994 über die Schultern schaue, bemerke ich, dass er nicht wie vorher angekündigt mit der Erststimme SPD und Zweitstimme Grüne wählt, sondern mit beiden Stimmen grün. Ja, sagt er danach, „Ich finde diesen Scharping einfach zu unsympathisch.“

Um mich herum interessiert die herannahende Bundestagswahl 1998 so gut wie niemanden. Wählen darf sowieso noch keiner meiner Freunde. Mein Freund Philipp würde die CDU wählen, wenn er könnte, denn: „Es geht uns doch gut.“ Tatsächlich fällt mir das passende Gegenargument erst später ein, als das Gespräch schon vorbei ist: „Ja, uns vielleicht – aber vielen Millionen anderen?“

Als ich bei einer Verabredung erwähne, dass ich den kommenden Sonntag abends gerne den Ausgang der Wahl im Fernsehen verfolgen möchte, schauen mich die anderen verdutzt an: „Mich interessiert das gar nicht”, sagt einer. „Ja, wäre ganz schön, wenn auch mal die SPD regiert, aber was würde sich schon ändern?“ Mit meinem Entgegenfiebern auf die Bundestagswahl bin ich also allein.

Vielleicht ist es auch diese Einsamkeit in Dingen, die mir wichtig sind, die meine Art des Eskapismus befeuern. Genau 30 Jahre zuvor war 1968. Was für eine Zeit: Die Jugend politisiert, Studenten auf der Straße. Später in einer Dokumentation über die Zeit – ich glaube es war „Pop 2000“ und ich glaube es war Hugo Egon-Balder, der das sagt – höre ich das Zitat: „Über Politik reden war damals die einfachste Art eine Frau ins Bett zu kriegen.“ Ich bin einfach in der falschen Zeit geboren, denke ich.

Von den Eltern meines Freundes Philipp habe ich mir das Pink-Floyd-Album „The Wall“ auf Kassette überspielen lassen. Es ist zwar 1979 erschienen, aber für mich atmet es damals den Geist der 60er. Ich höre die Kassette rauf und runter – mit Kopfhörern. Keinem meiner Freunde erzähle ich davon. Wenn sie über die damals angesagte Musik reden, der aufkommende deutsche Hip Hop oder die harte elektronische Musik des Mayday, fühle ich mich wie ein Zeitreisender, der im falschen Jahrzehnt gestrandet ist.

An meinem wuchtigen Holztisch in meinem lange Kinder-, jetzt Jugendzimmer ist eine kleine, billige Kompaktanlage aufgebaut. Der CD-Ständer im kubischen 90er-Jahre-Pyramiden-Design und ein paar Audio-CDs mit aktuellen Charthits, die mir meine Mutter von Zeit zu Zeit mitgebracht hat (zum Beispiel eine „What is love”-Single von Haddaway) verstaubt. Stattdessen läuft die Pink-Floyd-Kassette. Ich imaginiere ein anderes Leben.

Ein weißer VW Käfer fährt 1967 zu einer Demo. Das Bild erzeugt in mir einen wohligen und zugleich melancholischen Schauer. Ich spüre Nostalgie für eine Zeit, die ich nie erlebt habe. Für eine Zeit vor meiner Geburt. Ich sitze vor meiner Kompaktanlage, die Kopfhörer auf – allein.

Weitere autobiografische Texte:

 
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from Ufal Salman

Gue mungkin bias karena gue pake Apple Music udah tiga tahun lebih. Tapi setuju sih.

Tahun ini parameter pendengar teratas pakai angka, bukan persenan. Terus bisa dibagikan dalam bentuk gambar atau video jadi lebih dinamis.

Plus kilas balik Replay dari tahun 2022 per bulan masih bisa dibuka sampai sekarang.

Oh ya, pilihan Apple buat bikin Replay itu bagian dari web app-nya itu masih bagus karena gak mewajibkan orang buat install aplikasi dan bisa dibuka lewat browser juga, bisa dibuka di Android dan Linux berarti. Berbeda dengan YouTube dan Spotify yang wajib pakai aplikasi.

Poin terakhir mungkin soal stigma AI slop yang masih menghantui Spotify selama ini. Sekarang ada yang dapet AI podcast buat ngerangkum Wrapped mereka. Like, ngapain?

Sisanya mungkin gue gak bisa relate, ada yang bilang membosankan, kurang on-point walau ada analisa subgenre yang nyentrik gitu, tapi audio aura sama top genre sebagai burger udah gak ada tak perhatiin. Semua menunggu tetapi yang ditunggu gak ada.

Lah Apple Music yang cuma ngasih hal mendasar aja perlahan improvisasi, Spotify malah plin-plan tahun ini yang jujur gue tahun kemaren cukup seneng dapet hasil Wrapped gue.

Nah, tahun ini gue udah gak dapet Wrapped lagi walau juga masih pakai tapi sebentar doang. Herannya tetep gak dikasih. Like wtf Spotify? Basic needs pengguna gak dikasih tapi prioritas AI stuff? Beneran dulu UX lu dah, heran gue. Gue pusing pake app lu di ponsel sama desktop. Lu di TV masih enak sih.

Sumber berita: https://9to5mac.com/2024/12/05/apple-music-did-a-better-spotify-wrapped-than-spotify-for-two-reasons/

 
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from Chronik des laufenden Wahnsinns

Schmerz-Radio auf 104,6

Er stellt die Frequenz des Schmerz-Radios auf 104,6. Die Emotionslautstärke etwas höher als gestern, er fühlt sich bereit. Die Melancholie breitet sich langsam aus, süßer Schmerz, umarme mich.

Die Ein-Zimmer-Wohnung im Quadranten E67 ist nur fahl beleuchtet. Layard ist es wichtig, dass seine am Fenster montierte Solaranlage mit Batterie im Zweifel, bei Stromausfall, reicht, den Kühlschrank weiter zu betreiben, die Funkverbindung zum E67-Netz zu halten und eine fahles LED-Notbeleuchtung bereitzustellen. Damit kann er, wenn es mal sein müsste – aber so lange hat es noch nie gedauert – 48 Stunden durchhalten.

Bittersüßer Schmerz. Früher hatte Layard wenige Gefühle gehabt. Wahrscheinlich waren es meistens Gedanken gewesen – und dann überwiegend negative. Das Gefühl, das er noch am besten kannte, am klarsten trennen konnte von dem Klumpen seines Inneren, war Angst.

Als er vor fünf Jahren das alte, längst aus der Mode gekommene Schmerz-Radio auf dem Dachboden seiner Mutter gefunden hatte, änderte sich das. Schmerz war anders. Schmerz war tief, traurige Schönheit – das Gefühl den Schmerz der anderen zu spüren war für ihn berauschender als das Excelsior, das er einmal ausprobierte. E machte Spaß, das Schmerz-Radio machte traurig, ehrfürchtig – die intensiven Gefühle der anderen war das Tor zu einem inneren Universum..

Er hat Urlaub und mehrere Abende am Stück bereits mit dem Schmerz-Radio verbracht. Die Gefühle waren vielleicht auch deshalb so intensiv, so körperlich – weil es auch viele Gefühle von Frauen waren, auf jeden Fall von anderen, die er empfang, so tief, fein schattiert, so ausdifferenziert wie er von alleine nie in der Lage gewesen war zu fühlen. Es war so echt, die wahre Essenz des Lebens – ein spirituelles Erlebnis ohne Gott. Schmerz-Radios sind ja noch legal, denkt er sich, weil sie eben nicht süchtig machen. Nur noch in dieser Welt des Schmerzes, das hält ja schließlich niemand aus, nicht täglich, nicht über mehrere Stunden.

Heute ist da wieder dieses tiefe Gefühl auf dieser Frequenz, das ihn nicht loslässt. Ein abgrundtiefer Schmerz, da er klar empfangbar ist, von ganz besonderer Reinheit. Sehr ausdifferenziert. Ob da jemand über sein verlorenes Kind trauert? Es musste eine ganz besondere Trauer sein.

Er dreht die Gefühlslautstärke auf Maximum.

Es wird schwärzer, vielleicht doch zu viel? Nein, da ist noch etwas anderes, hinter dem Schmerz. Warum fühlt sich diese Trauer so schön an? Er hatte den Verdacht schon länger: Wenn ein Gefühl besonders intensiv ist, dann trägt es immer auch Fetzen anderer Gefühle mit sich. Normalerweise kommt nicht viel mit bei Schmerz und Trauer, das Gefühl überlagert alles. Dieses Gefühl aber – er taufte es spontan Engel-Trauer auf 104,6 – transportierte etwas mit. Ehrfurcht. Trost. Weisheit über das Leben. Wer auch immer dieses Gefühl sendet, er sollte diese Person treffen, schießt es Layard durch den Kopf.

 
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from Chronik des laufenden Wahnsinns

Losing my religion

Ich war ein seltsames Kind. Das stärkste Gefühl, an das ich mich aus meiner frühkindlichen Zeit erinnern kann, ist ein intensiver Gänsehautzustand, den ich zuverlässig reproduzieren konnte. Ich musste nichts anderes tun als mich irgendwo hinzusetzen – gerne wählte ich dafür die Toilette – und mir selbst, still nur in meinem Kopf zu sagen: Ich bin ein Mensch.

Ich bin ein Mensch, der sterben wird. Das Gefühl war so furchteinflößend intensiv, dass ich mich regelmäßig danach selbst beruhigen musste. „Es ist doch eigentlich ganz schön, ein Mensch zu sein“, sage ich mir dann zum Beispiel. Ich denke wahnsinnig viel über den Tod nach für ein vielleicht vierjährigen Jungen und habe das Glück, das meine Mutter behauptet, es gäbe einen Gott und einen Himmel für das Leben nach dem Tod. Ich glaube das, sie wird es schon wissen. Schließlich weiß sie ja auch sonst alles, was mir unerklärlich bleibt – beispielsweise wie Kleidung gewaschen wird oder Geld funktioniert.

Erst als ich in der Grundschule bin, vielleicht aber der dritten oder vierten Klasse, kommt mir der Gedanke: Was, wenn es Gott doch nicht gibt? Eine Schulfreundin von mir, Annika, glaubt nicht an Gott. Sie kommt aus einer atheistischen Familie. Als wir die Pflastersteine-Straße in Düsseldorf-Oberkassel am Steffenspielplatz entlang gehen, sagt sie: „Es gibt keinen Gott im Himmel, da fliegen die Flugzeuge.“ Das Argument finde ich so empörend doof, dass es meinen Glauben bestärkt. Umgeworfen hat mich nie der Zweifel der anderen, sondern letztlich mein eigener.

Für andere Kinder meines Alters spielt aber Religion meist ohnehin kaum eine Rolle. Für mich ist sie ein Fundament. Obwohl meine Eltern nie beten und das einzige Bild aus meiner frühen Kindheit einer Kirche die überfüllte Auferstehungskirche zu Weihnachten ist, wenn sich alle evangelischen Oberkasseler Familien für ihren jährlichen Kirchenbesuch herausputzen. Mein Vater, im Gegensatz zu allen anderen in unserer Kleinfamilie Katholik, bleibt dann zu Hause und kümmerte sich schon mal um die Geschenke, den Baum und das Essen. „Wenn beten helfen würde“, sagte er einmal, „dann sähe die Welt ganz anders aus, so viel wie die Katholiken beten.“

Kurzgesagt: Die Frömmigkeit war mir alles andere als in die Wiege gelegt und bis heute weiß ich nicht, ob mein Vater überhaupt an Gott glaubte. Aber mit folgenden einfachen Gedanken trieb ich mich selbst in eine für ein Kind der 1980er Jahren in einer westdeutschen Großstadt merkwürdige Frömmigkeit: Was sind schon 60 bis 90 Jahre hier auf Erden im Angesicht der Ewigkeit?

Also richte ich mein Leben nach Gott aus – unsichtbar für die Welt der Erwachsenen, die ihrem für mich unverständlichen Alltag nachgehen. Das bedeutet nicht unbedingt, dass ich bete. Aber ich möchte gut sein, Gutes tun und schlechte Taten vermeiden. Ich lüge zum Beispiel nie. Und ich fragte meine Tante, die Pastorin ist, all die Fragen, die ich mir selbst nicht beantworten kann. Warum, zum Beispiel, frage ich sie, gibt es schlechte Menschen, wenn Gott allmächtig ist? Gott möchte, so lautet ihre Antwort, dass die Menschen selbst darauf kommen, was gut ist. Ich finde die Antwort nicht überzeugend. Aber Zweifel an der Existenz von Gott löst das bei mir zunächst nicht aus.

Der neue Gedanke in der Grundschule, dass meinem Fundament ein Irrtum zugrunde liegen könnte, ängstigte mich. Und doch konnte ich ihn nicht verdrängen. Was, wenn Gott auch nur eine Version des Weihnachtsmanns für Erwachsene ist? Bei genauer, logischer und rationaler Betrachtung spricht doch einiges dafür, dachte ich immer häufiger. Zu Beginn noch zaghaft mit angezogener innerer Handbremse, später auf dem Gymnasium immer deutlicher.

Und irgendwann kam sie dann, die Gretchenfrage – ich weiß noch, wo und von wem sie mir gestellt wird: In der achten Klasse, nachdem ich das erste Mal sitzengeblieben bin, auf dem Weg vom Cecilien-Gymnasium zur Bahnhaltestelle. Von einem Schulfreund, Daniel, der von allen nur Arnuld genannt wird, weil er von einem Schulfotografen, der sich für alle Schüler Namen ausgedacht hat, so getauft wurde.

„Glaubst du eigentlich an Gott?” Ich weiß nichts von diesem Tag – nicht das Wetter, nicht was in der Schule passiert ist oder was er oder ich anhabe. Aber ich kann mich noch ziemlich genau an meine Antwort erinnern. Es ist eine sehr ehrliche Antwort, die sehr lange in mir gereift ist und die – so erinnere ich mich selbst daran – erst im Moment der Aussprach gegenüber einem Dritten fortan ganz und gar zu meiner Wahrheit wird, im Grunde bis heute:

„Ich wünschte, es gäbe einen Gott“, sage ich. „Ich glaube aber nicht daran.“

Noch nenne ich mich nicht Atheist, sondern Agnostiker und erkläre auch gleich in meiner etwas klugscheißerischen Art den Unterschied. Natürlich halte ich mir noch ein Hintertürchen offen.

Ich hatte mir also mein Fundament unter den Füßen weggerissen und stand inmitten der Pubertät ohne Wurzeln da. Was also blieb noch? Liebe natürlich! Von Liebe wusste ich allerdings nichts und das sollte noch scherzhaft lange so bleiben. Stattdessen suchte ich – unbewusst – das Nächstbeste.

Auch meine Biografie erschließt sich mir wie so viele in der Rückschau, als in der Zeit, als ich mittendrin stecke. Ohne es zu wissen, so glaube ich heute, eine Ersatzreligion. In der Spaßgesellschaft um mich herum beschäftigten sich alle mit purem Hedonismus, meist phantasiertem Sex, Party, Auschweifungen, Bravo-Foto-Lovestorys, Mode.

Als Ersatzreligion suchte ich mir das Uncoolste, das meine Position als Außenseiter sicher zementierte, einbetonierte. Es begann ganz harmlos, ich glaube in der siebten Klasse. Die linke Seite eines Schulheftes, es mag das Deutsch-Heft gewesen sein, die für Korrekturen vorgesehen war, kritzelte ich voll. Überschrift: „Zum Thema links liegen gelassen.“ Darunter Symbole des recht frisch untergegangenen Kommunismus: Hammer und Sichel, roter Stern, aber beispielsweise auch das Logo der PDS.

Rund sieben Jahre nach der deutschen Einheit und während Helmut Kohl ein zumindest im Westen immer noch satt-gemütliches Land regiert, beginne ich den damals unwahrscheinlichsten Flirt eines 14-jährigen Jungen aus Düsseldorf-Oberkassel: den Flirt mit dem Kommunismus.

 
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from Advent-Gedanken

Ich finde bei #JacobBöhme ein schönes Bild für den Ausgang mit dem Bösen:

  • Luzifer hat in seinem Königreiche “den göttlichen Salitter, daraus er gemacht war, angezündet und brennend gemacht”.
  • Am Ende der Zeiten wird er in eine Höhle, Gruft oder Loch kommen, und zwar zusammen mit seiner angezündeten Qualität. Und ewig dort bleiben.

Für mich ist es tröstlich, wenn die “Strafe” des Bösen ist, dass es mit sich selbst und den Konseuenzen zurecht kommen muss.

 
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from fediventskalender

Es war einmal eine IT-lerin namens Tama, die genug von all den dummen Anfragen auf ihrer Arbeitsstätte hatte. Sie kündigte, und da sie noch Resturlaub hatte, brauchte sie auch nie mehr dorthin zurückzukehren.

Da Tama genug gespart hatte, beschloss sie, für ein paar Monate mit ihrem Fahrrad mit Anhänger auf Reisen zu gehen. Währenddessen wollte sie überlegen, was sie danach machen könnte.

Auf einer ihrer Reisen kam sie spätnachmittags in der Nähe eines Waldes an, an dem ein kleiner Bach vorbeiplätscherte. Da es schon spät war, beschloss Sie dort zu übernachten. Als sie begann, ihr Zelt aufzustellen, schwirrte ihr eine kleine Blaumeise vor der Nase herum. Gleichzeitig amüsiert und irritiert, sagte sie zur Meise: „Hey, lass das!“

„Was machst du da?“ zwitscherte der Vogel und landete auf ihrem Fahrradsattel.

Erstaunt guckte Tama sich um, sah aber niemanden außer dem Vogel.

„Was machst du da?“ wiederholte der Vogel, nun sicher, dass er ihre Aufmerksamkeit hatte.

„Hast du gesprochen?“ fragte sie erstaunt.

„Ja,“ piepste die Blaumeise. „Ich bin Fiete“, er machte mit dem Flügel eine Verbeugung, fast wie ein Hofknicks, „Und wie heißt du?“

„Tama,“ sagte die IT-lerin, amüsiert.

„Was machst du da, Tama?“ fragte Fiete, die Blaumeise.

„Mein Zelt aufbauen,“ antwortete sie. „Es ist spät, und ich schaffe es nicht bis zum nächsten Hotel bevor es dunkel ist.“ Tama konnte immer noch nicht so recht glauben, dass sie mit einer Blaumeise redete.

„Brauchst du nicht,“ sagte Fiete, „ich weiß was besseres. Komm mit!“ Die Meise flog auf.

„Warum?“

„Weil ich den Weg nach Weitfortistan weiß!“ sagte Fiete, als wäre das eine logische Erklärung.

„Weitfortistan? Wo ist das?“ Tama ging davon aus, dass die Blaumeise einen Zeltplatz meinte.

„Komm mit! Ich zeige dir den Weg.“

Neugierig legte Tama ihre Sachen wieder in den Fahrradanhänger. Ihr Fahrrad schiebend folgte sie Fiete, der sie beide in den Wald hineinführte. Kurioserweise war dort ein Weg. Wieso hatte sie den vorher nicht gesehen?

„Durch den Wald?“ fragte sie Fiete.

„Ja,“ piepste die Meise. „Wir müssen zum Tor.“ * *

Mit zunehmendem Abstand vom Waldrand schien der Weg breiter zu werden, und während Tama überlegte, wieder auf ihr Rad zu steigen, um mit der Meise leichter mithalten zu können, trafen sie beide auf ein Tor.

Tama hatte ein Holztor mit Steinpfosten an den Seiten erwartet, oder vielleicht einfach ein Gartentor mit Umzäunung für einen Zeltplatz. So etwas wie dieses wäre ihr jedoch nie in den Sinn gekommen.

Sie stellte ihr Rad ab und schaute sich das Tor genauer an.

Es schien aus zwei ineinander verschlungenen Bäumen zu bestehen. Die Pfosten waren die Stämme der Bäume: dicke Stämme, mit einer unebenen, schuppigen Borke und kleinen Baumperlen. Die Äste der Bäume waren so gewachsen, dass sie einen Torbogen bildeten. Trotz alledem waren die Bäume belaubt, in einer Blattform, die Tama nicht kannte.

Auf der Vorderseite war es unterhalb des Torbogens hell. Der Weg, auf dem sie stand, schien direkt zwischen den Bäumen durchzuführen. Es war wie der Eingang zu einem Haus am Abend, in dem der Flur hell beleuchtet war.

Tama ging um einen der Bäume herum.

Auf der Rückseite flimmerte es unterhalb des Torbogens dunkel und es wirkte flach wie eine 2D Zeichnung. Tama berührte den Bereich vorsichtig. Es fühlte sich wirklich wie eine Wand an. Nicht unangenehm, aber man merkte, dass es dort kein Durchkommen gab.

Dem Torbogen den Rücken zugekehrt, sah sie nur den Wald. Alles war in Dämmerung liegend, was nach einem kurzen Blick auf ihre Armbanduhr der Tageszeit entsprach.

Sie kehrte wieder auf die Vorderseite zurück.

„Was zögerst du?“ piepte Fiete und landete auf ihrem Lenker. „Nimm dein Fahrrad und fahr durchs Tor, dann bist du in Weitfortistan!“

„Das sagst du so leicht,“ antwortete Tama und ging näher an die helle Fläche unter dem Torbogen heran.

Vorsichtig berührte Tama die helle Fläche. Als sie bemerkte, dass sie ihre Hand in die Fläche eintauchen konnte wie in warmes Wasser, zog sie ihre Hand schnell wieder zurück. Sie grinste und fühlte sich plötzlich wie in einem Abenteuer.

„Also gut,“ sagte Tama und ging zurück zu ihren Fahrrad. „Los geht‘s.“ Sie stieg auf und mit der Meise weiter auf dem Lenker sitzend, fuhr sie durch das Tor hindurch.

  • *

Tama blinzelte und stoppte. Nachdem sich ihre Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten, guckte sie sich um.

Das Tor hinter ihr war immer noch da, nur war es unter dem Torbogen jetzt dunkel, was logisch war. Schließlich war Dämmerung auf der anderen Seite. Neben dem Tor war ein kleiner Wald und ein Bach, der in der Nähe der Bäume vorbeifloss. Es war fast, als wäre der Wald von der anderen Seite hier herübergewachsen.

Es war warm und wenige Wolken waren am Himmel zu sehen. Der Weg, auf dem sie durch das Tor gekommen war, führte auf dieser Seite weiter, abwärts, in ein Tal und scheinbar auf eine Siedlung zu, die sie von ihrem Punkt aus sehen konnte.

Während sie sich umgeschaut hatte, war Fiete wieder aufgeflogen und begrüßte eine andere Blaumeise. Sie flatterten umeinander herum und setzten sich schließlich auf einen Ast in Tamas Nähe.

„Fiete,“ hörte Tama die andere Meise piepsen, „da bist du endlich! Ist sie das?“

„Ja,“ antwortete Fiete, „bitte flieg vor und sag der Kastellanin Bescheid!“

„Mach ich.“ Die andere Meise flog davon.

„Wer war das?“ fragte Tama, als Fiete zu ihr zurückkehrte.

„Das war meine Schwester, Mieke. Steig auf dein Fahrrad und lass uns zum Dorf fahren, Tama!“

„Einverstanden. Flieg voran, ich folge dir.“

  • *

Fiete flog voran und Tama konnte gut mit ihm mithalten. Ihr Fahrrad kam gut mit dem trockenen Weg zurecht und sie erreichten zügig das Dorf.

Sie hielten schließlich an einem Haus an, das aussah wie ein Gasthof mit Tischen und Bänken im Außenbereich. Es saßen schon einige Frauen und Männer an den Tischen. Manche davon waren bereits am Essen, andere hatten nur etwas zu trinken oder schienen noch zu warten. Einige Bäume boten den Gästen angenehmen Schatten. Der Außenbereich wurde von einer Reihe Büsche begrenzt, was wie ein natürlich gewachsener Zaun wirkte. In einem der Büsche in Tamas Nähe saß Fiete.

„Du kennst dich hier aus, wo kann ich denn mein Fahrrad abstellen?“ fragte sie Fiete.

„Hinter dem Gasthof ist ein Stall,“ antwortete Fiete. „Danach geh ins Haus und such Annika, die Wirtin. Sie kann dir ein Zimmer geben, in dem du übernachten kannst.“ Er flog auf. „Wir sehen uns dann morgen früh.“ Mit mehreren schnellen Flügelschlägen war die Blaumeise verschwunden.

  • *

Als Tama den Gasthof betrat, hörte sie als erstes eine Frau schimpfen: „Gunnarson! Svensson! Zack, zack, das Bier wird schal!“

Kurz danach gingen zwei Männer zügig an ihr vorbei, bepackt mit Bierkrügen wie Serviererinnen auf dem Oktoberfest. Sie schaute sich um, wer vom herumlaufenden Personal denn die Wirtin sein könnte, aber sie sah nur Männer. Schließlich kam Tama in den Schankraum, in dem hinter einem großen Tresen eine kräftig gebaute Frau stand. Sie hatte kurze, wuschelige Haare mit grauen Strähnen und die sonnengegerbte Haut einer Frau mittleren Alters, die sich viel an der frischen Luft aufhielt. Sie trug ein schwarzes Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln und eine Hose in undefinierbarer Farbe und sah aus wie jemand, die sich durch nichts und niemanden einschüchtern ließ.

„Guten Tag,“ sagte Tama, „ich suche Annika, die Wirtin.“

„Da bist du bei mir ganz richtig, Kindchen. Worum geht es?“

Tama fand es merkwürdig, als „Kindchen“ angesprochen zu werden, ließ es aber zu, da sie nicht wusste, ob die Wirtin mit allen jüngeren Menschen so umging.

„Das wird ihnen vielleicht merkwürdig vorkommen, aber eine Blaumeise hat mir gesagt, ich könnte hier übernachten.“

Annika lächelte, amüsiert. „So, so, Fiete hat mal wieder jemanden aufgegabelt. Das macht der öfter. Letztens hatte er mir drei Männer in den Gasthof geschickt, von denen zwei ungewöhnlich gekleidet waren.

Der erste Mann trug ein weißes, lockeres Gewand, das fast seine Füße bedeckte. Dazu passend hatte er ein weißes Tuch als Kopfbedeckung auf, von einem goldenen Band gehalten, das waagerecht um den Kopf verlief.

Der zweite Mann hatte schmale Augen und kurzes schwarzes Haar. Seine schwarze Hose war extrem weit und wurde vorne am Bauch mit einem Band zusammengehalten. Er sah schick aus mit dem schwarz-weiß bestickten Mantel dazu.

Der dritte Mann hatte einen schwarzen Anzug an, der aussah wie der, den mein Bruder bei seiner Hochzeit getragen hatte.“

„Haben die auch hier übernachtet?“ fragte Tama.

„Nein, wollten die nicht, die waren auf dem Weg zu einer Erstgebärenden, deren Kind irgendwie magisch sein sollte. Es war kurz vor der Wintersonnenwende und sie hatten es eilig,“ sagte Annika. „Aber nun zu dir, Kindchen. Du brauchst ein Zimmer – kein Problem. Bist du zu Pferd hier?“

„Nein, mit meinem Fahrrad mit Anhänger,“ antwortete Tama. „Fiete sagte, ich sollte es im Stall hinter dem Gasthof abstellen.“

„Perfekt. Hast du Hunger?“ fragte Annika.

Tama nickte.

„Wir gehen gleich mal in die Küche.“ Annika betätigte eine Klingel am Tresen und die beiden Männer, die vorhin noch mit Krügen nach draußen gegangen waren, tauchten prompt auf. „Gunnarson, du übernimmst am Tresen. Svensson, du machst Zimmer 2 für Tama zurecht. Vergiss nicht, ihr eine Zahnbürste und frische Handtücher rauszulegen.“

Beide Männer nickten und Svensson verschwand im Obergeschoß des Gasthofes.

„Was kostet die Übernachtung?“ Tama hatte nur wenig Bargeld dabei, da sie davon ausgegangen war, dass egal wo sie hinkäme, irgendwo ein Geldautomat wäre. Sie war sich unsicher, ob dies auch für Weitfortistan zuträfe.

„Für Reisende, die Fiete anschleppt, ist es kostenlos. Das Essen geht aufs Haus.“

„Dankeschön,“ sagte Tama. „Kann ich mich irgendwie revanchieren?“

„Wenn du magst, kannst du mir gerne erzählen, wo du herkommst und was du sonst so machst. Keine Verpflichtung, ein Bett und was zu essen kriegst du in jedem Fall.“

„Das mache ich gerne,“ sagte Tama und folgte Annika in die Küche.

  • *

Nach einem guten Essen und netter Unterhaltung, die noch mit einem Bier am Tresen der Wirtin und dem Kennenlernen der Schmiedin des Ortes verlängert wurde, verbrachte Tama eine angenehme Nacht in einem Zimmer des Gasthofes.

Lauter nette Menschen, freundlich und angenehm, dachte Tama, als sie morgens im Bett erwachte. Das einzige ungewöhnliche war nur der Streit zwischen zwei Gästen gewesen, den Tama mit einigen gezielten Fragen und ein paar guten Vorschlägen schlichten konnte.

Annika hatte sie erstaunt angeguckt, als die Streithähne zufrieden auseinander gegangen waren. Erst als Tama erklärte, dass das im Prinzip nichts anderes sei, als das was sie in der anderen Welt gemacht hatte. Sie hatte Menschen zugehört, die ein Problem hatten und versucht es zu lösen, so dass sie zufrieden waren. In der realen Welt waren das zwar Fehler in Computerprogrammen gewesen, aber die Grundidee war irgendwie dieselbe.

Nachdem sie geduscht hatte, ging sie aus dem Obergeschoß wieder herunter in den Schankraum. Sie wollte sehen, ob Annika etwas zum Frühstück für sie hätte.

Vielleicht war Fiete auch schon da. Tama hoffte, dass Fiete weiterhin ihr Reiseführer in Weitfortistan sein könnte.

Dazu kam sie aber nicht.

Im Schankraum stand ein alte, grauhaarige Frau mit Dutt, die einen roten Mantel mit goldenen Stickereien trug. Sie schien zu warten. Annika war bei ihr. Tama ging auf die beiden zu.

„Guten Morgen, Tama. Ich möchte dir jemanden vorstellen. Das ist Kastellanin Daike. Da du gestern abend gezeigt hast, wie gut du einen Streit schlichten kannst, möchte sie dir ein Angebot machen.“

„Was für ein Angebot?“ Tama war verwirrt.

„Uns fehlt eine Streitschlichterin,“ sagte Annika.

„Bitte, Annika, lass mich erklären,“ sagte Kastellanin Daike. „In Weitfortistan gab es immer jemanden, der Streitereien oder Unstimmigkeiten zwischen den Menschen im Dorf schlichtete. Aber seit Jahrzehnten haben wir niemanden.“

„Ihr braucht also eine Mediatorin,“ sagte Tama.

„Hier heißt es anders. Wir nennen es Prinzessin, aber wenn das der Name ist, unter dem du die Aufgabe kennst, dann ja.“

„Wieso Prinzessin?“

„Weil die Prinzessin diejenige ist, die sich nur ums Streitschichten kümmert und sonst keine anderen Verpflichtungen hat. Weitfortistan ernährt sie, gibt ihr Obdach und kleidet sie. Dafür muss sie tagsüber bei Bedarf zur Verfügung stehen. Wenn nichts anliegt, hat sie frei.“

„Ihr bietet mir also einen Job an, bei dem ich immer in Bereitschaft wäre.“

„Das ist richtig. Aber bedenke, du erhälst kostenfreies Wohnen, kostenlose Speisen nach deinem Wunsch und ein Kleidungsbudget bekommst du auch. Wenn die Streitparteien dir noch ein Geschenk geben, gehört es dir allein.“

Tama überlegte einen Moment. Das war wirklich ungewöhnlich.

„Kann ich kündigen?“ fragte Tama.

„Das ist monatlich möglich,“ sagte die Kastellanin. „Aber nur mit rechtzeitiger Meldung an mich.“

Tama dachte kurz nach.

Irgendwann wäre ihr Reisebudget aufgebraucht und hier ein paar Monate zu bleiben und alles zu erkunden, wäre nicht schlecht. Wenn es ihr nicht gefiele, wäre sie nach spätestens zwei Monaten wieder weg.

„Ich nehme an.“

Kastellanin Daike lächelte und verbeugte sich mit einem Hofknicks.

„Dann sei willkommen in Weitfortistan, Prinzessin Tama.“

  • ENDE –
 
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from Advent-Gedanken

#MeisterEckhart sagt:

Was immer zu Gott kommt, das wird verwandelt; so geringwertig es auch sei, wenn wir es zu Gott bringen, so entfällt es sich selbst. Nun vernehmt mit Staunen! Da Gott so geringwertige Dinge in sich verwandelt, was glaubt ihr wohl, daß er mit der Seele tue, die er mit dem Bild seiner selbst ausgezeichnet hat? (Predigt 3)

Wenn die Seele aber in Gott verwandelt wird, wie nahe ist uns Gott dann!

 
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from Chronik des laufenden Wahnsinns

Max

Max war Teil des Möbiliars meines Kinderzimmers. Immer schon da, so lange ich mich erinnern konnte. Ich weiß nicht mehr, wie er dorthin gekommen war. Wahrscheinlich hatten ihn meine Eltern gekauft. Max war ein Pferd aus Stroh. Ich mochte es mich auf Max zu setzen und die Beine fest an den Körper zu pressen. Mein Kinderzimmer in einer Düsseldorfer Altbauwohnung war wenig bemerkenswert – außer, dass es recht groß war. Hohe Decken, hohe weiß gestrichene Holztüren mit milchigen Fensterglas, sodass Licht hinein schien, sobald jemand im Flur das Licht anknipste. Der Teppich ist grau und flauschig, der Heizkörper unter dem Fenster massiv und aus Metall.

Durch die doppelflügel Fenster kann ich auf die Hauptstraße herunterblicken. Abends nimmt mich mein Vater auf den Arm und wir sagen zwei Linienbussen gute Nacht: dem 834er und dem 835er. Sind beide vorbeigefahren, weiß ich, dass es Zeit ist, ins Bett zu gehen.

Irgendwann kamen meine Eltern auf die Idee, dass es Zeit sein könnte, mich von Max zu trennen. Der Gedanke daran löste bei mir kein Gefühl aus. Erst als mein Vater erwähnte, dass wir dann gemeinsam zur Müllverbrennungsanlage fahre würden, bin ich plötzlich Feuer und Flamme für die Idee. Eine Müllverbrennungsanlage, riesige Maschinen, wie aufregend!

Mein Vater war ein eher schmächtiger Mann – müdes, schmales Gesicht, die Jahre des Büro- und Alltagsstress waren schon in seinen 30ern sichtbar. Mit seiner üblichen Kombination aus Alltagsjeans und Hemd wirkte er wie jemand, der immer halb im Büro war – technischer Angestellter bei PKL, die Papier- und Kunststoffwerke in Linnich. Er war – ganz im Gegensatz zu meiner Mutter – schüchtern, wortkarg und sensibel.

Wir fahren mit unserem schon damals in die Jahre gekommenen weißen Audi 80, Max im Kofferraum, zur Müllverbrennungsanlage. Ich mag das Auto – die Gemütlichkeit, wie „technisch“ die Tachos aussehen, der künstliche Geruch nach Stoffbezug. Später werden meine Eltern das Auto für 100 Mark verkaufen.

Das nächste, an das ich mich erinnern kann, ist eine der erste Erinnerungen, die sich in mein Gedächtnis eingebrannt haben: Ich stehe – glaube ich – rechts neben meinem Vater, wir schieben Max gemeinsam (?) herunter auf ein Laufband, das sich in Richtung Müllverbrennungsanlage bewegt. Das hat sich noch nicht eingebrannt, wohl aber das Bild, das dann folgt: Max liegt auf dem Laufband, davor und danach anderer Müll, den die Düsseldorfer damals so hinunterwerfen.

Die Erkenntnis trifft mich wie ein Schlag: Max wird nicht wiederkommen. Da unten liegt er, unerreichbar für mich, unüberbrückbar weit weg, unumkehrbar fährt er in Richtung Müllverbrennung. Die Erkenntnis trifft mich wie ein Schlag, ein Gefühl wie ein Schlag in die Magengrube, ohne dass ich damals gewusst hätte, wie sich das anfühlt. Ich kann nicht weinen.

Plötzlich erinnere mich daran, dass mich meine Eltern immer wieder gefragt hatten, ob es wirklich in Ordnung ist, wenn wir uns von Max trennen und ich mehrfach bejahte. Ich fühle mich schuldig, vielleicht das erste Mal in meinem Leben. An die Rückfahrt kann ich mich nicht erinnern, aber ich stelle mir vor, dass ich nichts oder fast nichts sagte. Schweigen konnte ich schon immer gut – mein Vater ebenfalls. Meiner Erinnerung nach werde ich kein Wort mehr über Max verlieren.

Wenn Besuch kommt und fragt: „Wo ist Max?” bin ich froh, dass meine Mutter oder mein Vater antwortet. „Den haben wir weggeworfen“, sagen sie unbekümmert.

 
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from Advent-Gedanken

In Gott gibt es nur das Gute, nicht das Böse. In Gott ist nur erhebende, quellende, triumphierende Freude. – So sagt es #JacobBöhme. Andererseits gibt es nichts, was nicht von Gott käme.

Das ist ein Dilemma, wenn man denn die Exitenz des Bösen nicht grundweg bestreiten will. Eine interssante Idee dazu gibt es im Neuplatonismus: Danach hat das Böse tatsächlich keine eigene Existenz. Da, wo es sich zeigt, ist lediglich ein Mangel an Gutem. Das Böse ist also gewissermaßen ein Ausdruck von Leere.

Ja mehr wir die Welt mit Gutem füllen, desto weniger kann sie uns böse erscheinen...

 
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