WegStücke

Bewegungen zwischen Armenien und Georgien

In Etschmiadsin bin ich Zeuge einer Taufe geworden. 3 Geschwister wurden getauft. Das geschah nicht durch Untertauchen, wie bei orthodoxen Kirchen durchaus üblich. Aber auch nicht durch Beträufeln wie bei uns. Es war gewissermaßen eine angedeutete Ganzkörper-Waschung: Hände, Arme, Gesicht, Nacken, Brust und die Beine (Hosen wurden hochgekrempelt) wurden mit dem Taufwasser benetzt und gewaschen. Es war bewegend, die drei Kinder dabei zu erleben.

Der Priestergießt geweihtes Öl ins Wasser Täufling beim Waschen des Gesichts

#Fotos #Kirche

Auch das ist übrigens dem sowjetischen Einfluss zu danken: Kwas aus dem Supermarkt. Ich liebe dieses vergorene Brot (fast) ohne Alkohol. Eigentlich ein russisches Getränk, wird es seit 100 Jahren auch in Armenien getrunken.

Kwas

#Fotos #Kulinarisches

Was sagt es über eine Stadt, wenn die Straßen sechsspurig sind, aber keinen Fußweg haben – von Radwegen ganz zu schweigen. Das Auto spielt hier die Hauptrolle. Daran, mit dem Rollstuhl unterwegs zu sein, möchte ich gar nicht denken...

Überhaupt dominiert hier das Große. Viel Sowjet-Architektur, breite, laute Straßen. Aber, natürlich: Wenn du die Augen offen hältst, findest du sie, die kleinen bezaubernden Ecken (von denen es wenige zu gehen scheint). Und die beeindruckenden, großen (von denen es mehr gibt).

Heute war ich unterwegs in einem Viertel, in dem das alte, einfache Jerewan weiterlebt: klein und versteckt. Gleich neben den unvermermeidlichen Sowjet-Blocks. Ein kleines Schild in russischer Sprache wies mich auf den Старый Дворчик(den Alten Hinterhof) hin. Dort hat eine (russischsprachige) Familie ein paar Tische in den schönen Hof unter den Aprikosenbaumgestellt und bietet allerlei Leckeres und selbstgemachtes zum Essen und Trinken an. Ein Genuss.

Sowjet-Erbe Jerewan Kond
Старый Дворчик Chashlama

#Fotos #Kulinarisches

Bis gerade war ich dabei, die letzten dienstlichen Aufgaben zu erledigen, die nicht bis Ende Juli warten können oder sollen. Nun habe ich noch meinen Rucksack gepackt und bin bereit.

Vor einiger Zeit habe ich intensiv recherchiert, ob ich mit Zug und Bus nach Armenien komme. Das Ergebnis: Ja, es könnte gehen. Aber es dauert vier Tage und das letzte Wegstück von Istanbul nach Jerevan schien mir recht unsicher. Also habe ich entschieden, doch ein Flugitcket zu lösen, obwohl ich es nicht mag.

In mir: ein Kribbeln, das langsam den Hamsterrad-Modus der letzten Tage ablöst. Ich freue mich auf das Neue, das auf mich zukommt. Ich freue mich auf die Wärme, die Berge, die Menschen. Ich freue mich darauf, mal wieder etwas russisch zu sprechen – jedenfalls das, was nach 14 Jahren davon noch übrig ist. Ich freue mich auf die Ruhe, etwas Lektüre. Und auf die Freiheit, die das Reisen allein oft bringt.