Von den “Kreditkarten-Lobbyisten” billiger Art gibt im Horizont der Social Media einige. Sie zitieren zurzeit prominent eine aktuelle Studie (2024) der Postbank zur bargeldlosen Zahlung.
Erstens ist der Auftraggeber selber lobbyierend. Dies lediglich als Basisfaktor, der bei wissenschaftlichen Ansprüchen eine Rolle spielt. Zweitens wird oft nur der erste Teil der Studie zitiert: 66% zahlen bargeldlos.
Aber die Studie hat einen zweiten Teil: Nur 32 Prozent befürworten eine Abschaffung des Bargeldes. Und es gibt eine Generationenthematik, die zu beachten wäre: Die Nutzungsdifferenz bei bargeldlosen Zahlungsoptionen, die sich entlang von Generationengrenzen ausgeprägt zeigt, ist entscheidender Faktor bei der Gesamtbeurteilung der Entwicklung (des Trends).
Dies alles spricht nicht gegen bargeldlose Zahlung. Aber Lobbyismus soll als solcher gekennzeichnet werden. Ich mag die Redlichkeit faktenbasierten Argumentierens.
“Es ist durchaus wahr und eine (...) Grundtatsache aller Gesichte, dass das schliessliche Resultat politischen Handelns oft, nein: geradezu regelmässig, in völlig unadäquatem, oft in geradezu paradoxem Verhältnis zu seinem ursprünglichen Sinn steht.”
Max Weber, Politik als Beruf, 1919 (zitiert von Silvano Moekli, Politologe, beim ehemaligen blauben Vogel)
Warum erreichen “Umweltanliegen” zwar rhetorisch und leitmotivisch so viel Schwung – und scheitern schliesslich oft vielfältig (und vor allem: erwartbar). Der Artikel von Christoph Paret in der FAZ vom gestern (9.5.2023) kann auch als ein Antwortversuch auf diese Frage gelesen werden.
“Die universalisierte Figur des Spiessers, der sich mit seinem kleinen Glück begnügt und dem gewiss nichts ferner liegt, als die Welt zu verändern, könnte sich als die gefährlichste Spezies erweisen...”
Übrigens: Übertitelt ist der Text mit “Wir leben nicht mehr lang”...
„So macht uns die Soziologie paradoxerweise frei, indem sie uns von der Illusion der Freiheit befreit.“
Bourdieu, 2002 in Paris 71-jährig gestorben, war Soziologe, dessen Werk gewichtig nachwirkt. Er gehört zu den einflussreichsten seines Fachs. Ab 1981 war er Professor am renommierten Collège de France. In dieser Zeit war er zudem als Experte für François Mitterrand tätig. Bourdieu nahm zu politischen Fragen immer wieder Stellung, bereits im Kontext seiner frühen Algerien-Studien.
“Auch kulturelle Güter unterliegen einer Ökonomie, doch verfügt diese über ihre eigene Logik.”
“Geschmack ist nicht etwas Zufälliges und Subjektives im Sinne von: über Geschmack lässt sich nicht streiten, sondern Geschmack bedingt einen bestimmten Lebensstil.”
“Die feinen Unterschiede” gehört zu den Meilensteinen der Soziologie, insbesondere wegen der theoretisch gerahmten empirischen Perspektive. Bourdieu arbeitete im Verlaufe seiner wissenschaftlichen Karriere mittels qualitativer und quantitativer Forschungsmethoden. In Erinnerung bleibt er als Soziologe des “feinen Unterschieds”...
Stichworte wie “soziales Feld”, “Kapitalsorten”, “Habitus” usw. verweisen unter anderem auf sein Werk und gehören heute in das “Lehrprogamm” unterschiedlicher Fachrichtungen.
Dass Andreas Ladner am 7. Februar 2023 im Alter von 65 Jahren gestorben ist, schockiert und bewegt mich. Kenne ihn aus Studienzeiten. Ein unterstützender Kollege, ein wohlwollender Mensch, ein geistreicher Politologe. Ich werde mich immer wieder an ihn erinnern. Nachricht bei Persönlich...
Google setzt ChatGPT Bard entgegen. Bard basiert auf dem Sprachmodell LaMDA (Language Model for Dialogue Applications). Bard ist also ein Konversations-Tool, das KI-basiert funktioniert, gespiesen durch die Daten, welche sich für Google im Internet kategorial fassen lassen. Oder wie Marcel Waldvogel sagt:
“Textvervollständigungsfunktion auf Statistikbasis”.
Das Internet werde kein Medium für die Massen, dies ist auf den Punkt gebracht das Ergebnis einer Studie von 2001 des Zukunftsforschers Matthias Horx. Formen der Zukunftsforschung ohne Zukunft? Die Frage drängt sich einem fürs Erste auf, wobei gerade der Forschungsbegriff klärungswürdig ist. Die Wissenschaftsfähigkeit solcher Studien wird meines Erachtens häufig zu wenig (systematisch, methodenkritisch) geprüft.
Am 2.3.2001 wird Matthias Horx im österreichischen DER STANDARD wie folgt zitiert:
“Im Gegensatz zum einfachen Telefon oder einem Radio mit Knöpfen ist das WWW mehr denn je eine kompliziert zu bedienende Angelegenheit.”
An der ETH Zürich forscht Yu Wang über die Wirkung von Feinstaub auf den Klimawandel. Dabei geht es auch um die Frage, wie die Entwicklung des Feinstaubs die Prognosen zum Klimawandel beeinflusst. Bei der Forschung spielt maschinelles Lernen eine grosse Rolle.
Geoengineering ist ein weiteres Stichwort, das im Artikel angesprochen wird:
“Man könnte Aerosole in die Stratosphäre injizieren oder über dem Ozean Meersalzteilchen in die Wolken pumpen”. Doch die Erde sei zu komplex und solche Vorhaben letztlich risikoreich.
Eva Horn, Kultur- und Literaturwissenschaftlerin an der Universität Wien, beschäftigt sich in ihrem 2020 bei Fischer erschienenen Buch mit dem Katastrophennarrativ. Sie zeichnet kulturwissenschaftlich die Linien hin zu Zukunftsbeschreibungen nach, die dem Leitmotiv der Katastrophe unterliegen.
“Die künftige Katastrophe zu entziffern bedeutet ... immer, eine Geschichte schon zu Ende zu erzählen, die sich erst noch ereignen soll.”